Kraniche als Glücksboten verehrt und verteufelt

Kraniche ueberwintern im Rheinland.

Kraniche als Glücksboten verehrt und verteufelt
Von Inga Sprünken

Kraniche sind geheimnisvolle Vögel. Derzeit sind sie wieder verstärkt am Himmel zu beobachten. Sie gelten bei uns Frühlings- oder Winterboten. In Asien sind sie ein Symbol der Wachsamkeit und Klugheit, in China stehen sie für ein langes Leben und Weisheit. Sie werden dort wegen ihrer Tänze mit Musik und Tanz in Verbindung gebracht. In manchen asiatischen Ländern werden Kraniche als göttliche Himmelsboten verehrt. Im antiken Griechenland lasen die Priester aus den Flugformationen der Kraniche die Zukunft.

Durch die Keilformation, in der sie fliegen, können die Vögel Energie einsparen. Sie nutzen den Windschatten ihres Vordermanns. Das Kreisen über dem Himmel dient wiederum der Nutzung der Thermik, um mit wenig Energieaufwand an Höhe zu gewinnen. Manchmal sind die Zugvögel recht spät unterwegs und manchmal erscheint es früh. Vielfach wird behauptet, dass das einen späten Winter- oder frühen Frühlingsanfang bedeutet. Doch das ist nicht immer so. Denn manchmal vertun sie sich Kraniche einfach und machen auch schonmal kehrt.

Kraniche als Dauerflieger

Kraniche unterscheiden sich bei den Flügen in ihrer typischen Formation von Wildgänsen durch ihren Ruf. Von diesem leitet sich auch ihr lateinischer Name ab: „Grus, grus“. Ihr deutscher Name ist von den altdeutschen Wörtern „Kran“, „Kranch“ und „Krye“ abgeleitet. Ihr Ruf beim Fliegen dient der Kommunikation innerhalb der Formation. So bleiben sie Vögel in Kontakt und können ihre Positionen auch bei schlechten Sichtverhältnissen koordinieren. Zudem stärken sie die soziale Bindung innerhalb der Gruppe.

Bei guten Flugbedingungen können die Großvögel die komplette Flugstrecke in den Süden oder Norden sogar am Stück fliegen. Sie sind 60 bis 80 Stundenkilometer schnell. In der Regel legen Kraniche jedoch nur 300 bis 800 Kilometer zurück und machen dazwischen Rast, um sich mit Schnecken, Würmern, Insekten, aber auch Sämereien, Pflanzenwurzeln und Halmen zu stärken. Das geschieht vereinzelt sogar im Rheinland. So wurden Kraniche mehrfach schon auf Wiesen bei Kircheib (Westerwald) und im Oberbergischen (bei Waldbröl) gesichtet.

Nur ein Küken kommt durch

Der Großteil der Kraniche zieht einfach über Deutschland hinweg und rastet in der Rügen-Bock-Region an der Ostseeküste und Brandenburg. Dort halten sich zum Höhepunkt der Rast zwischen 80.000 bis 100.000 Kraniche auf. Die Grauen Kraniche gehören zu der in Mittel- und Nordeuropa heimischen Familie der Kranichvögel. Viele Arten brüten erst in ihrem vierten oder fünften Lebensjahr. Ihre Brut dauert im Durchschnitt etwa dreißig Tage, wobei sich die Partner den Job teilen. Die Weibchen übernehmen die Nachtschicht.

Auch das Füttern teilen sich die Eltern. Die Jungen suchen sich schon nach wenigen Tagen selbst ihre Nahrung, bleiben aber unter dem Schutz ihrer Eltern, wobei vielfach nur ein Junges durchkommt. Das zuerst geschlüpfte ist am stärksten und hindert seine Geschwister am Nahrungszugang. Der bevorzugte Lebensraum der Vögel sind offene Landschaften wie die Tundra. Viele Kranicharten sind ans Wasser gebunden und in sumpfigen Gebieten zu finden. Sie sind mit 15 Arten weltweit vertreten. Lediglich in Südamerika und der Antarktis gibt es keine Kraniche.

 

Kraniche als Goetterboten verehrt und verteufelt

Die größten Vögel der Welt

Wenn die Großvögel früh über uns fliegen, handelt es sich laut NABU um einen Mix aus frühen Rückkehrern aus den Winterquartieren und „Hierbleibern“. Es gibt nämlich auch Vögel, die nur kurzfristig vor Schnee und Frost ausweichen. Und das passiert durch die Erderwärmung immer häufiger. Auch fliegen sie nicht immer mehr ganz so weit. Im Frühjahr ist die frühe Rückkehr in die Brutreviere auch dem Wettbewerb um die begehrtesten Plätze geschuldet.

Dabei halten die größten Vögel der Welt auch tiefe Temperaturen aus. Denn die Tiere sind zwischen 90 und 150 Zentimeter groß, so dass die Wärmeverluste geringer sind. Der Saruskranich übrigens ist mit 176 Zentimeter der größte flugfähige Vogel. Selbst unter einer dünnen Schneedecke können Kraniche noch Futter finden. Normalerweise bewohnen sie indes Sumpf- und Moorlandschaften in Nord- und Osteuropa, während sie sich im Winter in Südfrankreich und Spanien aufhalten.

Todesgefahren durch schlechte Sicht

Überlandleitungen sind die bislang häufigste Todesursache von Kranichen. Immer wieder werden Kollisionen beobachtet. Das gilt besonders bei schlechten Sichtverhältnissen wie Nebel oder Sturm. In Thüringen sind vor einigen Jahren Kraniche gegen Häuserwände geprallt oder sind erschöpft auf Straßen gelandet, wo sie überfahren wurden. Dichter Nebel hatte sie orientierungslos gemacht. Normalerweise orientieren sie sich am Magnetfeld der Erde und an den Sternen.

Der Kranich wurde 1978 zum Vogel des Jahres gewählt. Damals zählte er mit 800 Brutpaaren zu den seltensten Vogelarten im Westen Deutschlands. Heute brüten deutschlandweit wieder rund 11.000 Kranichpaare. Die meisten (5.000) findet man in Mecklenburg-Vorpommern. In Brandenburg sind 3750 Paare verzeichnet, in Niedersachsen 1500, in Sachsen-Anhalt 660, in Schleswig-Holstein 550 und in Sachsen 300 Paare. In Europa sind sie in Russland und Schweden verbreitet, aber auch in Finnland, Norwegen, den baltischen Ländern und Polen. Der europäische Gesamtbestand liegt bei mindestens 130.000 Brutpaaren. Auf den britischen Inseln wurden die Tiere im 17. Jahrhundert ausgerottet, aber seit 2010 wird versucht, sie wieder im Süden Englands einzubürgern.

Im Schamanismus ein Krafttier

Im Schamanismus gilt der Kranich als Krafttier. Taucht er im Leben eines Menschen auf, wird dieses in eine neue Phase eintreten. Dabei sollte der Neubeginn nicht mit Angst verbunden sein, sondern der Vogel zeigt das Betreten neuer Lebenswege auf. Er bringt Zielgerichtetheit, Intuition und Mitgefühl in das Leben. Er zeigt, wie man im Einklang mit Mutter Erde lebt und seine inneren Bedürfnisse erkennst.

Eine Ausnahme bei der Verehrung der Großvögel machen übrigens die Hindus. Sie sehen sie als schlechtes Omen. Im Tao symbolisieren Kraniche Unsterbliche oder Seelen, die Erleuchtung erlangten. In der Wappenkunde ist der Kranich das Symbol der Vorsicht und der schlaflosen Wachsamkeit. In der Dichtung steht der Kranich für das Erhabene in der Natur.

Kraniche als Verkünder von Geburten

In alten Überlieferungen ist der Kranich der Verkünder von Geburten und Hochzeiten. Er tritt aber auch in Verbindung mit Krieg und Tod in Erscheinung. In Fabeln zeigt er vielfach menschliche Ungerechtigkeiten auf. So etwa in der deutschen Fabel vom Fuchs und Kranich. Beide laden sich beide wechselseitig zu einem Mahl ein, das nur der Gastgeber selbst verzehren kann.

In Sibirien gibt es die Geschichte der Kranichfeder. Diese handelt von einem Kranich, der sich in ein schönes Mädchen verwandelt, um einen Mensch zu heiraten. Als er eines Tages sein abgestreiftes Federkleid wiederfindet, schwingt er wieder davon. Somit steht der Kranich auch für die Flüchtigkeit des Sommers – und der Liebe. In der griechischen Mythologie war der Kranich dem Gott der Sonne (Apollon), der Göttin der Erde (Demeter) und dem Gott des Lichts (Hermes) zugeordnet. In Japan sind Kraniche das Glücks-Symbol schlechthin. Nach der Legende hat derjenige, der tausend Kraniche aus Papier faltet (Origami), einen Wunsch bei den Göttern frei. Sogar eine Fluggesellschaft hat die Großvögel zu ihrem Firmenlogo erkoren.

 

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Die Legende der tausend Kraniche

Die Legende um den Kranich ist in Japan uralt. Es heißt, ein Kranich würde ein Alter von tausend Jahren erreichen. Ein Kranich steht für Hoffnung und gehört zu den beliebtesten Origami-Figuren. Ein Kranich, so heißt es, kann die Ängste und Sorgen der Menschen auf seinen unendlichen Flügeln weit hinaus in den Himmel tragen.

Dazu gibt es die Geschichte eines kleinen Mädchens, das beim Atombombenabwurf durch die USA am 6. August 1945 zweineinhalb Jahre alt war. Im Jahr 1954 wurde bei ihr im Alter von elf Jahren Leukämie diagnostiziert. Diese Krebserkrankung gehört bei Überlebenden von Atomkatastrophen zu den häufigsten. Während ihres 14-monatigen Krankenhausaufenthaltes erzählte ihre beste Freundin ihr von der Legende der Kraniche und zeigte ihr die Kranichfaltung.

Die Götter erfüllen einen Wunsch

Das Mädchen faltete daraufhin Papier-Kraniche, um von den Göttern ihren Wunsch nach Gesundheit erfüllt zu bekommen. Wann immer sie dazu Kraft hatte, faltete sie. Wenn sie zu schwach war, falteten ihre Freunde und Verwandte Papier-Kraniche. Wenn sie Angst hatte oder sich einsam fühlte, faltete sie Kraniche, um diese Gefühle zu bekämpfen. Das machte ihr wieder neuen Mut.

Innerhalb von weniger als einem Monat waren so tausend Kraniche fertig gestellt. Doch das Mädchen setzte das Falten in der Hoffnung auf Heilung fort – aber es half nichts. Sie wurde kränker und fühlte, dass sie sterben würde. Trotzdem faltete sie weiter Kraniche. Wie viele es bis zu ihrem Tod waren, ist nicht bekannt. Ihr Glaube aber blieb bis zuletzt stark.

Mahnmal gegen Atomenergie

Verwandte, Freunde und Schulkameraden setzten ihr ein Denkmal. Finanziert mit Spenden aus sämtlichen Schulen Japans wurde sie drei Jahre nach ihrem Tod zum Motiv für ein Kinder-Friedens-Denkmal. Seit 1958 steht das Mädchen mit dem Kranich in Hiroshima auf dem Platz, an dem die erste Atombombe einschlug. Es wird immer wieder tausend Kranichen behängt.

Gefaltet werden sie von Kindern und Jugendlichen aus der ganzen Welt. Somit ist das tapfere Mädchen zur Leitfigur für die Opfer von Atombomben geworden. Das Kranichfalten ist heute eine Mahnung für eine Zukunft ohne Atombomben. Anlässlich der Atom-Katastrophe Fukoshima erhielt das Kranich-Falten weltweit erneut Bedeutung. Es mahnt vor der unkontrollierten Kraft der Atomenergie. Mehr zu Thema Kranich unter www.kraniche.de

Kraniche falten ist eine Kunst

Als Material für einen Papierkranich braucht man ein quadratisches Blatt Papier in der Größe von etwa 15 mal 15 Zentimeter. Das teilt man durch Falten in acht Abschnitte ein. Zuerst wird das Origami Papier in der Mitte gefaltet. Dabei faltet man die untere Papierkante zur oberen. Im Anschluss wird das Papier um 90 Grad gedreht und erneut mittig gefaltet. Insgesamt sind 15 Falt-Schritte durchzuführen.

Bei jeder Faltung sollte man diese mit dem Fingernagel nachziehen. Das Origami-Falten ist eine ganz besondere Kunst und nicht mit wenigen Worten zu erklären. Eine gute Anleitung findet sich aber in dem Buch „Origami für Anfänger: Das große Origami Buch für Kinder und Erwachsene“. Darin gibt es auch noch andere Faltanleitungen.

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