Campingplatz in Kircheib wurde zum Lost Place
Im rheinland-pfälzischen Kircheib, dem Grenzort zu Nordrhein-Westfalen, gab es einst einen Campingplatz. Der war insbesondere in den 1960er bis 80er Jahren sehr beliebt. Intensiv wurde er auch von Dauer-Campern genutzt. Viele Städter trafen sich auf dem „Westerwaldblick“ genannten Platz, der mit ausreichendem Abstand von der B 8 idyllisch mit Blick auf Wiesen und Wälder gelegen ist.
Heute ist sein Anblick eher schaurig. Aus dem Campingplatz ist ein Lost Place geworden. Einst hatten sich (verbotenerweise) Menschen auch dauerhaft hier eingerichtet. „Hundert Plätze gab es zu Spitzenzeiten. Hier lebten manchmal die doppelte Anzahl von Einwohnern“, berichtet Altbürgermeister Willi Meuler.
Die Gastronomie auf dem Campingplatz
Dazu passend gab es eine Gastronomie in einem Anbau des oberhalb des Platzes gelegenen Gebäudes, das wiederum eine lange Geschichte hat. In diesem waren einst ein Tabakladen, ein Haushaltswarenladen, ein Fahrrad- und Motorradladen und sogar eine Tankstelle angesiedelt. In der angebauten Gaststätte, die samt Campingplatz eine Zeit lang von der Trapezkünstler-Familie Traber betrieben wurde, trafen sich nicht nur Camper, sondern auch ein illustres Völkchen aus aller Welt – und natürlich die Kircheiber.
Nach einem Eigentümer-Wechsel ging es mit der Liegenschaft bergab. Der neue Eigentümer musste Insolvenz anmelden, ein Investor aus Rommerskirchen ersteigerte Gaststätte samt Campingplatz. Wirkliches Interesse schien er daran nie gehabt zu haben, denn der Platz verfiel seither und die Camper blieben aus – zumal der Platz über keine eigene Sanitäreinrichtung verfügt, sondern einst die der Gaststätte nutzte.
Wohnwagen gingen in Flammen auf
So siedelte sich mit der Zeit „fahrendes Volk“ auf dem Campingplatz an. Es kam zu Zwistigkeiten zwischen den wenigen Altbewohnern und den Neuankömmlingen und in der Folge immer wieder zu Bränden. Die Feuerwehr war in den Jahren 2004/2005 regelmäßiger Gast auf dem Campingplatz, wie der Ortsbürgermeister berichtet. Viele Häuschen und Wohnwagen gingen in Flammen auf. Die Gaststätte war derweil separat verpachtet.
Unter den Gastronomen befand sich unter anderem auch der „Kölsche Pitter“, ein bekannter Kölner Köbes. Der brachte Stimmung in den Ort und ging als erster Karnevalsprinz in dessen Geschichte ein. Der letzte Pächter war ein Sizilianer, der die Gaststätte als italienisches Restaurant betrieb. Eines Tages kam er nach einem Heimaturlaub nicht mehr zurück – man munkelt, er habe sich abgesetzt, da er finanzielle Schwierigkeiten hatte. Die Gaststätte ist seitdem verwaist. Sie wird als Lagerraum genutzt, das Haus ist als Wohnraum vermietet.
Der Hauch der Vergänglichkeit weht über den Campingplatz
Der Campingplatz ist seit Abzug der letzten Bewohner vor rund acht Jahren zur Müllhalde mutiert. Manch ein Bewohner mag verstorben sein, seine Habseligkeiten zurücklassend. Halb verfallene Wohnwagen, Gartenhäuser und Reste von Zelten werden vom Grün überwuchert, ebenso die Hinterlassenschaften der letzten Bewohner.
An manchen Stellen sieht es aus, als sei ein Krieg ausgebrochen und die Bewohner geflohen. Auf manchen Tischen in den verfaulten Häuschen stehen noch Marmeladengläser und Ketchup-Flaschen herum. Von dem einstigen Idyll zeugen indes noch die Reste liebevoll gestalteter Fassaden und Innenräume. Der Hauch der Vergänglichkeit weht über dem Grusel-Platz.