Hexe wartet im verlassenen Tal bei Weyerbusch

Die Hexe im verlassenen Tal in Rheinland-Pfalz.

Die Hexe im Mehrbachtal
Von Inga Sprünken

Ist es der Altar einer Hexe? Ein skurriler Anblick bietet sich jedem, der dem Wirtschaftsweg, der von der Straße zwischen Weyerbusch und Leuscheid abzweigt, Richtung Mehrbachquelle folgt. Kurz vor dieser kommt man an einer Lichtung im sumpfigen Quellgebiet vorbei. Acht Baumwurzeln sind in einem Kreis angeordnet, in dessen Mitte die größte Wurzel als eine Art Altar steht. Geschmückt mit einem Pilz, einem kleinen Schleifen-Stock und einer Mariendistel mutet dieser von alten Eichen umstandene Ort geheimnisvoll an. Wer hält hier in den Wäldern der Leuscheid heimliche Treffen ab? Wer tanzt um diesen Altar?

Man fühlt sich erinnert an den Film „Blair Witch Project“, in dem Studenten auf der Suche nach einer Hexe im Wald im US-Staat Maryland für immer verschwanden. Zwar ist dieser Wald nicht ganz so dunkel und so tief wie im Film, aber eine Hexe soll auch hier in Unwesen treiben. Es ist die Mutter von „Lux“, einem Jungen, der so genannt wurde, weil er listig und verschlagen war. Er streifte einst im Wald umher, fing Vögel und Frösche, um sie zu Tode zu quälen. Als er im Dreißigjährigen Krieg an dieser Stelle gehängt wurde, brach die Hexe vermeintlich tot zusammen. Sie hütet seither den einstigen Schatz des Dorfes im Brunnen.

Das reiche Dorf an der Quelle

Bei der großen Lichtung, auf dem sich dieser geheimnisvolle Ort befindet, handelt es sich um eine Wüstung, also eine aufgegebene Siedlung. Der Ort Obermehren soll sich hier einst befunden haben, auch bekannt als „Geldborn“. Zwar in keiner Urkunde verzeichnet, existiert das einst 13 Häuser umfassende Dorf in der Legende und den Erzählungen der Einwohner der umliegenden Dörfer weiter. Ein Weiher, umstanden mit Schilf könnte in seinen Tiefen den einstigen Brunnen beherbergen.

Die Mehrbachquelle bildete in diesem heute sumpfigen Gebiet den Mittelpunkt des einstigen Dorfes, dessen Bewohner von der Landwirtschaft und dem Ertrag des Waldes lebten. Zur Winterzeit fällten sie das Holz im Wald, das sie mit dem Frühjahrshochwasser der Sieg bis Siegburg und Köln verkauften. Ein Teil des Holzes wurde auch zu Holzkohle gebrannt und an die Hüttenwerke im Siegerland verkauft, so dass in dem einsamen Dorf Wohlstand herrschte. Der Schöffe leitete die Geschäfte und sorgte dafür, dass der Gewinn anteilsmäßig auf alle Familien verteilt wurde.

Die Hexe bringt Unheil

Für schlechte Zeiten wurde der Rest des Geldes in einem Kupferkessel in einer schweren Eichentruhe im Hause des Schöffen aufbewahrt. Bei der Hexe handelt es sich um ein Mädchen, dessen Eltern einer sechsköpfigen Räuberbande angehört hatten, die im 16. Jahrhundert vom Scharfrichter in Herchen gehängt wurde. Das Mädchen behielt der Scharfrichter, da er keine eigene Kinder hatte, als Tochter. Schon früh sammelte sie Kräuter in Feld und Flur und stellte daraus Heiltränke her.

Im Alter von 20 Jahren heiratete die junge Frau den Sohn des Korbmachers und gebar einen Sohn, der wiederum die Untugenden ihrer Vorfahren geerbt hatte und daher Lux genannt wurde. Zusammen mit dem Uhu, dem Sohn eines Bauern aus Kuchhausen, streifte er im Wald umher und verbreitete Unheil, wo er nur auftauchte. Der Uhu verdankte seinem Namen der Tatsache, dass er den Ruf des Raubvogels besonders gut nachahmen konnte. Der Uhu, der Lux und die Hexe überlegten gemeinsam aus reiner Boshaftigkeit, wie sie den Menschen Leid zufügen könnten.

Die Hexe im verlassenen Tal, Baumkreis in Rheinland-Pfalz

Die Hexe vergiftet die Kühe

Den Kühen des Schöffen verabreichten sie etwa das gifte Kraut Wolfsmilch, so dass diese verendeten. Es wurde in den Mägen der Tiere gefunden. Zu dieser Zeit war der alte Schöffe bereits gestorben. Ein junger Mann aus Werkhausen, der dessen Tochter geheiratet hatte, hatte das Amt seines Schwiegervaters übernommen. Die Bürger des Dorfes fürchteten sich stets, wenn der Ruf des Uhu ertönte und die Hexe weissagte ihnen Unglück aufgrund der Zahl ihrer Häuser: der 13.

Nicht lange ließ das Unglück auf sich warten. Das kam zunächst in Form einer schlimmen Dürre. Gleichzeitig näherten sich die Fronten des Dreißigjährigen Krieges, was sich mit Donnerschlägen ankündigte. Einige Dorfbewohner packten ihre Sachen und verschwanden auf immer in den Leuscheider Wäldern. Sie wurden nie wieder gesehen. Und so kam es, dass nur noch 13 Menschen im Dorf wohnten. Der Schöffe lötete einen Deckel auf den Kupferkessel voller Geld, um ihn über den Krieg hinaus zu bewahren. Doch statt der Front kam eine schwarze Wolkenwand, die ein Gewitter und einen nicht enden wollenden Regen mit sich brachte.

Ein Dorf versinkt im Tal

Blitze zuckten und setzten Häuser in Brand. Der Regen löschte ihn, aber füllte gleichzeitig das ganze Tal mit Wasser. Die einstige Mehrbachquelle war zu einem rauschenden Bach angeschwollen. Der ausgetrocknete Boden konnte die Wassermengen nicht aufnehmen. Eine einst zum Schutz vor dem Winter gepflanzte Schutzhecke verhinderte, dass das Wasser abfließen konnte. So stauten sich davor Holz und Geröll und ließen das Wasser weiter ansteigen. Die Einwohner flüchteten ins Schöffenhaus, das zum Schluss in einem See stand.

Der Uhu nutzte die Panik und drang durch die Fluten in das Haus ein, um den Kupferkessel zu stehlen. Doch der Schöffe warf den Kessel mit Geld in hohem Bogen an die Stelle, wo sich der nun überflutete Brunnen des Dorfes befand. Der Uhu sprang hinterher und riss den armen Schöffen mit sich. Unglücklich darüber stürzte sich auch die Frau des Schöffen in die Fluten. Der Schöffe wurde später tot an der Schutzhecke gefunden, ebenso seine Ehefrau. Doch der unheimliche Ruf des Uhus erschallte weiterhin.

Die Hexe wacht im Brunnen

Der Lux wiederum führte nach den Geschehnissen die Soldaten in das durch die Fluten verwüstete Dorf. Sie hatten ihn dazu aufgefordert, weil sie vom Schatz in dem einst wohlhabenden Dorf gehört hatten. Da der Kupferkessel aber nirgends zu finden war, erhängten sie den Lux kurzerhand an der Weide, an der einst der Schöffe den Deckel auf den Kupferkessel gelötet hatte.

Die Hexe fand ihren toten Sohn und brach an Ort und Stelle vermeintlich tot zusammen. Als die überlebenden elf Einwohner später in ihr Dorf zurückkehrten, packte sie das Grauen. Niemand traute sich mehr an den Brunnen und aus der Weide erschallte der Ruf des Uhus. Drum hüte man sich, diesen Wald bei Nacht zu betreten. Denn noch immer hockt die Hexe mit dem Kupferkessel in dem versunkenen Brunnen, vom Uhu bewacht.

Parallelen zum Film über die Hexe Blair

Die Geschichte hat Parallelen zur einer US-amerikanischen Legende über die Hexe von Blair (Blair Witch). Um diese dreht sich der Film Blair Witch Project geht. Die Geschichte begann in der Zeit der Kolonialkriege von 1775 bis 1783. Im Black Hill Forest, einem Wald im US-Staat Maryland, gab es einst einen Colonel Nathaniel Blair, der 1630 eine Expedition in dieses Gebiet unternahm. Ein indianischer Stammeshäuptling sollte ihn begleiten, verschwand aber.

Um die Kolonien gegen die Indianer zu verteidigen, bauten Blair und seine Männer ein Fort und gründeten die Stadt Blair. Die im Jahr 1729 geborene Irin Elly Kedward lebte dort. 1785 bezichtigten sie die Einwohner von Blair der Hexerei. Kinder gaben an, dass sie von ihr in ihr Haus gelockt worden waren, um ihnen Blut zu entnehmen. Die vermeintliche Hexe wurde verurteilt und in den Black Hills Forest verbannt.

Die Kinder quälen die Hexe

Die Menschen hielten sie für tot, da sie mitten im Winter dort an einen Baum gefesselt zurückgelassen wurde. Einige Kinder kehrten zum Baum zurück, um festzustellen, ob Elly noch lebte und schlugen sie mit Stöcken und Messern. Sie hetzten die Hunde auf sie, tauchten ihre Hände in Ellys Blut und hinterließen damit Abdrücke auf ihrem Körper. Danach banden sie sie los, um sie am Baum aufzuhängen.

Im nächsten Winter verschwanden die Hälfte aller Kinder aus Blair, ebenso wie der einstige Ankläger der Hexe. Aus Angst vor einem Fluch verließen die Bewohner die Stadt, die zur Geisterstadt wurde. Man schwor sich, den Namen Elly Kedward nie wieder auszusprechen. Es wurde ein Buch über die Vorkommnisse geschrieben, später behauptete eine Annabeth Hutchison die Blair Witch zu sein.

Die Hexe im Mehrbachtal im Wald.

Wie der Film entstand

Zwei Filmstudenten der Universtiy of Central Florida griffen die Geschichte 1993 auf. Sie wollten einen Horrorfilm drehen, der als Dokumentation dargestellt werden sollte. Gedreht wurde dort, wo die Legende spielt, in Burkittsvielle (früher Blair) in Maryland. Die Filmemacher heuerten drei Jung-Schauspieler an. Sie behielten ihre Namen Heather Donahue, Josh Leonard und Michael „Mike“ C. Williams und sollten drei Studenten darstellen.

Zuvor hatten sie ihnen einen Einführungskurs in Kameraführung verpasst. Sie wurden mit einer 16-mm- und einer Hand-Videokamera in den Wald auf der Suche nach der Hexe von Blair geschickt. Ihre einzige Verbindung zu den Filmemachern war ein Funkgerät. Am Drehort fanden die Jung-Schauspieler jeweils die Nahrung für den nächsten Tag sowie einen Anweisung für die zu drehenden Szenen. Im Laufe der Drehtage wurden ihre Essensrationen reduziert, so dass sich die körperliche und geistige Verfassung der Schauspieler verschlechterte. Der langsame Verlust ihrer Nerven sollte so realistisch wie möglich dargestellt werden.

Dramatische Szenen im Wald

Der im Jahr 1999 entstandene Film startet mit folgender Text-Einblendung: „Im Oktober 1994 verschwanden drei Studenten in den Wäldern von Burkittsville, Maryland, beim Dreh eines Dokumentarfilms. Ein Jahr später wurden ihre Filmaufnahmen gefunden.“ Diese zeigen die drei Studenten auf ihrem Weg in den Black Forest Hill. Dort befragen sie zunächst die Einwohner des Städtchen Burkittsville. Dabei bekommen sie unter anderem Informationen über die Kinder, die die Hexe getötet haben soll.

Danach fahren sie in den Black Hill Forrest, wo die Hexe hausen soll. Sie stellen ihr Auto ab und gehen in den Wald. Zwei Angler, denen sie begegnen, raten ihnen davon ab. Doch sie gehen weiter und verbringen eine erste Nacht in Zelten. Am nächsten Tag stoßen die Drei auf einen alten Friedhof mit sieben Steinhaufen, die zu den verschwundenen Kindern gehören sollen. Sie übernachten erneut in ihren Zelten und werden mitten in der Nacht durch merkwürdige Geräusche geweckt.

Merkwürdige Geräusche in der Nacht

Am nächsten Tag wollen die Studenten zurück zum Auto, verlieren jedoch die Orientierung. Nach einer weiteren Nacht mit seltsamen Geräuschen finden die Studenten morgens drei Steinhaufen neben ihren Zelten. Erneut versuchen sie, aus dem Wald zu entkommen, verlieren aber zunehmend die Nerven und ihre Karte. Sie entdecken seltsame Figuren auf einer Lichtung, wo sie nachdem sie im Wald versehentlich im Kreis gelaufen sind, übernachten.

Nun hören sie Kinderschreie und fliehen, als etwas an ihrem Zelt rüttelt. Nach einer Nacht im Freien ist einer der Drei verschwunden. In der folgenden Nacht hören sie seine Schmerzensschreie und finden am nächsten Morgen ein Bündel mit einem blutigen Hemd, Zähnen und Haaren des Verschwundenen. Nach einer weiteren unheimlichen Nacht entdecken sie ein baufälliges Haus, aus dem die vermeintlichen Schreie des Verlorenen kommen. Im Keller dieser Ruine enden die Aufzeichnungen abrupt.

20 Jahre später machen sich erneut Studenten auf den Weg und suchen die Hexe und die Verschwundenen. Der zweite Teil des Hexenfilms Blair Witch Project entstand im Jahr 2016, kommt aber nicht an den ersten heran.

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