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Schweine wie Lisa und ihre Rettung

Schweine wie Lisa und ihre Rettung

Ferkel Lisa und seine Rettung
Kleine Schweine sind rosig, haben große Ohren, kleine Knopfaugen und einen geringelten Schwanz. Kleine Schweine sind überaus niedlich anzuschauen und haben in jungem Alter wenig mit den Tieren gemein, die später als Schnitzel auf unseren Tellern landen. Darum sind diese putzigen kleinen Glücksschweine auch ein beliebtes Geschenk für Leute, die alles haben. Man kann sie als Glücksbringer verschenken, als Spanferkel, die dann später im Ofen landen oder aber als ausgefallene Haustiere.

Die kleine Lisa sollte als Spanferkel enden. Ein reicher Geschäftsmann fand die Idee, das kleine rosa Schwein einem Golf-Kollegen zu schenken, um es dann später gemeinsam zu verzehren, nett. Es war auch gar nicht schwer, so ein kleines lebendiges Schwein zu kaufen. Im Kleinanzeigenmarkt werden 25 Kilo-Ferkel für 80 Euro inseriert. Dort sind „ständig Ferkel abzugeben“, wie zu lesen ist.

Kleine Schweine enden als Spanferkel

Mit dem Ferkel in einer mit Geschenkpapier umwickelten Ferkelbox tauchte also besagter Geschäftsmann auf der Geburtstagsparty seines Freundes auf. Alle waren überrascht, als es in dem Geschenk quickte. Das Gelächter war groß, als der Überraschte das Paket öffnete und ein Ferkel vorsichtig durch das Holzgitter lugte. Alle freuten sich schon auf ein leckeres Spanferkel-Essen. Bis es soweit sein sollte, wurde das kleine Lebewesen zu einem benachbarten Bauern gebracht.

Doch das verschreckte kleine Hausschweinchen hatte Glück. Auf dem Bauernhof war eine junge Tierschützerin zu Besuch, die sich sofort in das kleine rosa Etwas verliebte. Sie taufte das Schweinchen Lisa und bettelte den Bauern, der gutes Geld für die Unterbringung des Tierchens bis zur Schlachtung bekam, an ihr den Eigentümer des Schweinchens zu nennen. Mit viel Überredungskunst konnte sie den Mann überzeugen, ihr das Ferkel zu überlassen.

Schweine wie Lisa und ihre Rettung Ferkel nah

Wohin mit Ferkel Lisa?

Das war etwas vorschnell gewesen, denn die 20-Jährige hatte keine Ahnung, wo sie das kleine Tier nun unterbringen sollte. Über ihr Pferd, das auf einem Pferdehof in Neunkirchen-Seelscheid steht, lernte sie jedoch Petra Wintersohl kennen. Die 56-Jährige betreibt seit 2003 den Verein Schutzengel für Tiere mit Sitz in Drolshagen. Sie hatte auf demselben Hof gerade das ehemalige Reitpferd Brave Indian untergebracht. Für dieses hat der Verein die Betreuung übernommen und es damit vor dem Schlachter gerettet.

Wintersohl hatte sich zuvor bei den Animals Angels engagiert, wollte aber lieber soziale, als politische Tierschutzarbeit leisten und gründete einen eigenen Verein, der seither Nutztiere rettet. Ihre Liebe zu Nutztieren entdeckte die Gründerin bereits im Alter von vier Jahren. Ein direkter Nachbar ihrer Eltern hielt auf seinem Grundstück Esel, Ziegen, Hühner und Gänse, die sie immer beobachtete. Eines Tages fasste sie sich ein Herz und fragte, ob sie mal zu den Tieren gehen dürfe – und schloss Freundschaft mit einem zahmen Huhn, das immer auf ihren Schoß kam.

Das Leben von Schweinen & Co.

Seit ihrem 13. Lebensjahr ist die Tierschützerin, die auf ihrem eigenen Restbauernhof im Oberbergischen zwei gerettete Ponys, zwei Ziegen und drei Katzen hält, Vegetarierin. Und das hat einen guten Grund. Durch ihr steigendes Interesse an Nutztieren erfuhr sie von deren Schicksalen in der Fleisch-, Milch- und Eierindustrie. Sie erfuhr, dass etwa Kühe nur Milch geben, wenn sie jährlich besamt und trächtig werden. In der industriellen Milchproduktion werden ihnen die Kälbchen nur wenige Stunden nach der Geburt weggenommen.

Männliche Kälber landen im Alter von zehn bis 14 Tagen beim Mäster, wo sie mit 18 bis 32 Monaten geschlachtet werden. Wenn sie für Kalbfleisch dienen sollen, werden sie nur sechs Monate alt. Die weiblichen Kälber landen im Gruppenstall und werden mit anderthalb Jahren mit dem Sperma von Zuchtbullen besamt. Ihr Leben als Milchkuh beginnt. Eine Milchperiode dauert etwa 300 Tage. Gegen Ende sind sie wieder hochtragend. Im Laufe ihres Lebens bringen sie vier bis fünf Kälber auf die Welt.

Milchkühe sind dauerschwanger

Fast vier Millionen Milchkühe sorgten 2024 in Deutschland für die Deckung des Milchbedarfs. Im Schnitt produziert jede etwa 8200 Liter pro Jahr. Während die natürliche Lebenserwartung von Rindern 18 bis 25 Jahre beträgt, lebt eine Milchkuh nur fünf bis sechs Jahre. Während dieser Zeit ist sie dauerschwanger und wird geschlachtet, wenn sie nicht mehr genug Milch gibt. Etwa zwei Drittel der Tiere kommen nie auf die Weide, sondern leben im Laufstall, im schlimmsten Fall auch in Anbindehaltung.

Bei Geflügel sieht es nicht besser aus. Masthähnchen leben nur etwa 28 Tage. In dieser Zeit werden sie so mit Futter vollgestopft, dass sie kaum noch laufen können. Legehühner wiederum leben heutzutage zwar nicht mehr in engen Gitterboxen, sondern können auf dem Boden eines riesigen Stalls herumlaufen. Allerdings können sich Hühner, die in strenger Rangordnung leben, nur etwa 50 Artgenossinnen merken. So kommt es in Ställen mit tausend Tieren immer wieder zu Rangkämpfen mit schweren Verletzungen.

Hennen legen bis zu 320 Eier im Jahr

Auf Hochleistung gezüchtete Legehennen legen bis zu 320 Eier im Jahr. Im Alter von 16 Monaten sind sie am Ende und werden als Suppenhühner geschlachtet. Normalerweise kann ein Huhn bis zu zehn Jahre alt werden. Legehennen aber sind nach der hohen Eierproduktion ausgelaugt und haben durch den erheblichen Kalziummangel kaputte Knochen.

Ähnlich schlecht ergeht es Schweinen. Sie kommen mit sechs Monaten zum Schlachthof oder aber werden besamt. Zu dieser Zeit sind sie noch lange nicht ausgewachsen. Erst mit drei Jahren ist dies der Fall. Auch Schweine, die normalerweise 15 Jahre alt werden können, sehen während ihres traurigen Daseins in der industriellen Landwirtschaft kein Tageslicht. Die Sauen werden nach der Besamung für drei Tage in einem Kastenstand eingesperrt, damit sich das befruchtete Ei festsetzen kann. Kurz bevor sie nach 115 Tagen ihre Ferkel bekommen, kommen sie in die sogenannte Abferkelbucht.

Kleine Schweine werden separiert

In diesem engen Metallkäfig, auch eiserne Jungfrau genannt, können sie sich nicht drehen, sondern nur liegen oder stehen. Sinn dieser Art der Haltung ist, dass sie ihren aus bis zu 15 kleinen Schweinen bestehenden Nachwuchs nicht versehentlich erdrücken. Nach drei Tagen werden ihnen die Ferkel erstmals weggenommen, um die männlichen zu kastrieren und allen die Schwänze zu kupieren. Dabei quiken sie vor Schmerzen, was die Muttersau in große Unruhe versetzt.

Nach etwa 35 Tagen wird die Mutter aus ihrem engen Käfig entlassen. Sie muss dann erst wieder Laufen lernen und kommt in einen Bereich mit anderen 41 Sauen. Die kleinen Schweinel werden unbemerkt abgesondert und kommen alle zusammen in die Ferkelaufzucht, wo ihnen als erstes ein Antibiotikum gespritzt wird. Sobald die Schweine-Mütter bemerken, dass ihre Ferkel nicht mehr da sind, verfallen sie in panisches Geschrei. Zu dieser Zeit sind ihre Euter noch prall mit Milch gefüllt, was zusätzliche Schmerzen verursacht. Nach drei Tagen werden die Mütter mit einem aus dem Urin trächtiger Pferdestuten gewonnenen Hormon gespritzt, damit sie wieder besamt werden können.

Schweine wie Lisa und ihre Rettung Schweine trinken

Zweimal jährlich kommen Schweine zur Welt

Die ganze Prozedur findet zweimal jährlich statt. Sobald eine Sau nicht mehr genügend gesunde Ferkel produziert, wird sie zur Schlachtung aussortiert. Dann folgt der Transport in Großschlachtereien etwa wie Tönnies. Dort wird im Akkord gearbeitet, so dass keine Zeit bleibt, die Tiere einzeln mit Elektrozangen zu betäuben, bevor der erlösende Halsschnitt gemacht wird. Darum werden sie in Gondeln in eine Betäubungskammer, einen Schacht voller CO2-Gas, herabgelassen. Dort kämpfen sie noch etwa zwei Minuten mit Erstickungsanfällen, wobei sie schreien und versuchen hochzuspringen, bevor sie ohnmächtig werden.

Der kleinen Lisa ist dieses Schicksal erspart geblieben. Sie ist also ein wahres Glücksschweinchen. Nachdem sie bei dem Tierschutzverein gelandet war, kam sie auf einen Hof in Meschede-Erflinghausen. Dort lebt das inzwischen erwachsen gewordene Hausschwein zusammen mit 28 Artgenossen in einer Pflegestelle. Täglich können die Rüsseltiere hinaus an die frische Luft, wo sie sich die Füße vertreten können, bevor sie freiwillig wieder in ihren Stall zurückkehren.

Happy End für Schweine im Hochsauerland

Dort wird ihnen ein wahres Schweine-Eldorado geboten. Es gibt Selbsttränken und im hinteren Bereich einen großzügigen mit Stroh versehenen Schlafbereich. Die Sonne scheint morgens von vorne in den Stall und abends von hinten. So können sich die Schweine auch im Stall sonnen. Hinter dem Auslauf wurde ein zweiter Zaun gezogen, damit Kontakt zu Wildschweinen ausgeschlossen werden kann. Das ist ein wichtiger Aspekt in Bezug auf die Schweinepest.

So gut, wie es den Schweinen im Hochsauerland ergeht, geht es auch den 15 Pferden und zwei Eseln des Vereins in ihren Pflegestellen am Niederrhein. Denn die als Freunde des Menschen geltenden Pferde haben nicht zwangsläufig ein besseres Leben, als andere Nutztiere. Viele Reitschulpferde landen, wenn sie nicht mehr geritten werden können, beim Schlachter. Meistens leiden sie schon früh unter Arthrose, da sie bereits mit drei Jahren eingeritten worden sind. In diesem Alter befinden sie sich noch im Wachstum, was bleibende Schäden an Sehnen und Bändern hinterlässt.

Kleine Schweine wie Lisa und ihre Rettung Schwein nah

Pferdehaltung ist manchmal fragwürdig

Erst mit fünf bis sechs Jahren ist ein Reitpferd ausgewachsen. Doch viele Hobby-Halter möchten solange nicht warten. Sie wünschen sich schnell ein fertiges Pferd. Fängt es dann irgendwann an – zumeist schon im Alter von 15 Jahren – zu lahmen und hohe Tierarztkosten zu verursachen, wird oftmals das Geld für ein zweites reitbares Pferd knapp. Denn ein Pferd verursacht allein für die Unterstellung monatliche Unterstell-Kosten ab 250 Euro. Die einfachste Lösung ist der Weg zum Schlachter, der wiederum noch einen Preis von 250 Euro zahlt. Insbesondere Reitschulbetriebe können sich alte und kranke Pferde nicht leisten.

Insgesamt ist die Pferdehaltung dort auch nicht immer tiergerecht. In den 70er und 80er Jahren verbrachten die meisten Reitschulpferde und Rennpferde 20 Stunden und mehr täglich in ihren Boxen. Raus kamen sie nur etwa zwei Stunden am Tag zum Training oder Reiten. Auch heute ist es in manchen Ställen immer noch so, schon allein, weil wie etwa in Köln, der Platz für den Auslauf fehlt. Da Pferde Herdentiere sind, brauchen sie aber den direkten Kontakt zu Artgenossen und ebenso jede Menge Bewegung und frische Luft.

Pferde laufen bis zu 40 Kilometer am Tag

Normalerweise verbringen die Pflanzenfresser täglich 16 Stunden damit, Gras zu fressen. Dabei legen sie zwischen fünf und 40 Kilometer zurück. Rennpferde, die Hochleistungen erbringen müssen, werden schon ab einem Jahr trainiert und sind oftmals schon im Alter von fünf Jahren nicht mehr ertragreich genug. Wenn sie Glück haben, werden sie dann noch zur Zucht verwandt. Wenn sie sich jedoch beim Rennen verletzen, werden sie oftmals eingeschläfert, weil sie nicht mehr genug Rendite bringen.

Wenn man sie lässt, können Pferde an die 40 Jahre alt werden, so wie etwa Marizza auf dem Gnadenbrothof Ziegenhain im Westerwald. Sie konnte zum Schluss das Heu nicht mehr mit ihren abgenutzten Zähnen zerkleinern und magerte ab. Doch die Tierschützer gaben ihr Heucobs, ein spezielles Pferdefutter aus gepresstem Heu. Hofleiterin Andrea Mais besorgte sogar noch ein weiteres Pferd mit ähnlicher Problematik, damit Marizza nicht alleine fressen musste. Trotzdem musste sie im vergangenen Jahr eingeschläfert werden, weil sie sich im Stall ein Bein gebrochen hatte.

Das Schwein Lisa und seine Rettung Pferde

Schweine & Co. haben keine Lobby

Tierschutzorganisationen für Nutztiere haben keine so große Lobby, wie die Vereine, die sich um Heimtiere wie Katzen und Hunde kümmern. Darum ist es wichtig, dass sie Unterstützung erhalten. Das gilt insbesondere im Hinblick auf die durch den Ukraine-Krieg enorm gestiegenen Futterkosten und die ebenfalls gestiegenen Tierarztkosten. Eine Kolik-Operation kostete bei einem Pferd vor der Reform der Tierarztkosten 5000 Euro, heute sind es 15.000 Euro. Darum suchen die Vereine dringend Tierpaten und Spender.

Schutzengel für Tiere betreut insgesamt 230 Tiere auf 15 Pflegestellen: 20 Rinder, 70 Gänse und 15 Enten in Niedersachsen, 55 Schafe und 21 Ziegen im Hunsrück, 29 Schweine, 15 Mini-Schweine und zwei Hängebauch-Schweine im Hochsauerland, 15 Pferde und zwei Esel im Bergischen Land. Auf dem Gnadenbrothof Ziegenhain im Westerwald leben neben Pferden, Hängebauchschweinen, Puten, Gänsen, Hühnern, Enten, Kaninchen, Schafen und Ziegen auch Heimtiere wie Hunde, Katzen und Kaninchen. Versorgt werden sie vor Ort von Ehrenamtlern. Tierpatenschaften (ab zehn Euro) helfen bei der Finanzierung. Sie können auch verschenkt werden. Infos gibt es auf den Seiten der Vereine.

Auch die Tierschutzorganisation PETA sucht aktuelle Spender für eine Plakataktion, mit der sie auf die Tierqual in der Fleischindustrie aufmerksam machen will. In einem Video bei Amazon gehen die Autoren der Frage nach, was wir wirklich essen. Die Geschichte über das Ferkel Lisa ist fiktiv, steht aber für die tägliche Arbeit der Tierschützer. Tatsächlich gibt es Schweine wie Maribel bei dem Verein Tierschutzengel, dass vor dem Schlachter gerettet wurde, weil es zu kümmerlich war.

Quellen: Schutzengel für Tiere e.V., Gnadenbrothof Ziegenhain e.V., Deutscher Tierschutzbund e.V.