Venedig – Stadt der Verbote
Venedig – die Stadt der Liebe und der Romantik – ist immer eine Reise wert. Ist das wirklich so? Oder gibt es auch Gründe diese wundervolle, auf über hundert kleinen Inseln in der Adria-Lagune erbaute Hauptstadt der Region Venetien nicht zu besuchen? Einer könnte der Massentourismus sein. Denn es gibt das ganze Jahr über keine Zeit, in der die ab dem fünften Jahrhundert von den Bewohnern des venezianischen Festlandes erbaute Stadt nicht überlaufen wäre.
Auch das Verbot von großen Kreuzfahrtschiffen, das erst vor Kurzem nach jahrelangen Protesten von Bürgerinitiativen und einer ebenso langen Verzögerungs- und Hinhaltetaktik der Behörden durchgesetzt wurde, hat nur bewirkt, dass die Schiffe ihren Inhalt nicht mehr direkt vor dem Markusplatz ausgießen, sondern zentralisiert in einem Hafen auf dem Festland. Von dort werden die Touristen mit dem Bus in die Stadt gekarrt.
Fahrräder verboten
Darum ist das Thema Verbote ist ein großes in der Lagunen-Stadt. Verboten sind etwa Kraftfahrzeuge jeglicher Art und sogar Fahrräder sowie das Schieben von Fahrrädern. Es wird mit stolzen hundert Euro geahndet. Zwar ist es ein besonderes Erlebnis, auf der über drei Kilometer langen Brücke, die die Festland-Teile Venedigs mit dem historischen Teil verbindet, auf der abgetrennten Fahrrad-Spur gen Venedig zu fahren. Allerdings muss man spätestens nach Ankunft ernüchtert feststellen, dass man die Fahrräder nirgendwo abstellen darf.
Dafür gibt es eigens eine Bike-Station. Folgt man den Hinweisen, gelangt man in eine Tiefgarage, in der ein Teil eigens für Fahrräder abgetrennt ist. Dort befinden sich Boxen für normale und für E-Bikes, die man – hätte man es gewusst – vorher hätte buchen sollen. Tut man das nicht, läuft man Gefahr, dass es keine freien mehr gibt – und das trotz des stolzen Preises von zehn Euro für 24 Stunden pro Fahrrad.
Boxen für Fahrräder sind teuer
In unserem Fall gab es nur noch eine freie Box für unsere zwei Fahrräder. Der Versuch, beide dort abzustellen, scheiterte, da nur eine Schiene in der Mitte installiert ist und sich die Tür nicht verschließen lässt, wenn man diese Schiene nicht benutzt. So fuhren wir ein Stück zurück und stellten die Fahrräder auf einem Abstellplatz für Roller und Motorräder ab, der direkt am Ende der Brücke auf der rechten Seite lag. Wir quetschten die Räder an ein Geländer am Rand.
Endlich angekommen, stießen wir auf den Canal Grande, der sich, zwischen 30 und 70 Meter breit, knapp vier Kilometer durch die Stadt schlängelt, um am anderen Ende wieder in der Lagune zu landen. Vier Brücken überspannen den Kanal, der von über 200 prunkvollen Palästen gesäumt wird. Diese ersetzten ab dem 15. Jahrhundert die byzantinischen Bauten und wurden im Stil der Gotik, der Renaissance oder des Barock errichtet.
Der Dogenpalast am Markusplatz
Der berühmteste Bau ist der tausend Jahre alte Dogenpalast direkt am Markusplatz gelegen. Der Doge war das Staatsoberhaupt der Republik Venedig. Er besaß sowohl militärische als auch juristische Funktionen und somit eine große Macht. Hinter dem Dogenpalast, der wie die Markuskirche den berühmtesten Platz der Stadt flankiert, befindet sich die Seufzer-Brücke. Ihren Namen verdankt sie der Tatsache, dass über sie die vom Dogen verurteilten Gefangenen in das früher dahinter liegende Gefängnis überführt wurden. Auf dem Weg seufzten sie, da sie für lange Zeit zum letzten Mal das Tageslicht sahen, wie es heißt.
Der Dogenpalast befindet sich im Stadtteil San Marco, dem touristischen Herzen der Stadt, neben der Basilica di San Marco. Beide Bauwerke flankieren den berühmten Markusplatz – oder Piazza San Marco – der nur wenige Meter über dem Meeresspiegel liegt und daher regelmäßig überschwemmt wird. Darum stehen hier stets mobile Stege zum Aufbau bereit.
Venedig: Anziehungspunt für Touristen
Am Markusplatz finden sich auch der Markus-Dom und der Campanile, den man heute mit einem Aufzug erklimmen kann. Der Bau diese Aufzugs hatte den hundert Meter hohen Turm im 20. Jahrhundert zum Einsturz gebracht. Er wurde originalgetreu wieder aufgebaut, denn er ist das höchste Gebäude und ein Wahrzeichen von Venedig. Früher diente er als Leuchtturm für die Schiffe. Erstmals erbaut wurde er zwischen 888 und 911, 1511 wurde die Turmspitze aufgesetzt, später renoviert und nach seinem Einsturz 1902 neu aufgebaut. Von oben hat man einen atemberaubenden Blick über die Lagune.
Ist man wie wir von der Festland-Seite aus über die Brücke auf die Insel gelangt, überquert man, bevor man zum Markusplatz gelangt, den Canal Grande. Das tut der eifrige Tourist über dessen berühmteste Brücke, die Rialto-Brücke. Schon von Weitem sieht man die Menschenmassen, die das bildschöne weiße Bauwerk, auf dem sich allerlei Geschäfte befinden, bevölkern.
Gondoliere sind teuer
Über 250 Jahre lang war diese Brücke der einzige Übergang über den großen Kanal. Sie verbindet die Stadtteile San Polo und San Marco. Man kann aber auch eine Gondel-Fähre benutzen. Für zwei Euro schiffen zwei Gondoliere die Besucher auf die andere Seite. So kommt man recht günstig zu diesem Erlebnis, das jedes Jahr teurer wird: eine Gondelfahrt, der touristische Höhepunkt jeder Venedig-Reise.
70 Euro muss man mindestens für knapp eine Stunde berappen, wenn man sich alleine oder zu Zweit romantisch auf einer Gondel über die Kanäle schippern lassen möchte. Gondelfahrten, die man sich mit anderen teilt, kosten etwa die Hälfte. Die Geschichte der Gondoliere geht bis in das Jahr 1.000 zurück.
Sitzen verboten in Venedig
Apropos Bootsfahrt: wer auf die kleinen Nachbar-Inseln möchte, kann den Boots-Bus nehmen und die berühmte Murano-Insel besuchen, auf der das gleichnamige Glas geblasen wird. Die Inseln Torcello (die Kirchen-Insel) und Burano wiederum bilden Gegensätze zum historischen Zentrum von Venedig. Möchte man dieses wirklich genießen, sollte man dies zu ungewöhnlichen Tageszeiten tun. Das geht natürlich nur, wenn man in der Stadt übernachtet.
Morgens um acht Uhr etwa braucht man an keiner Sehenswürdigkeit Schlange zu stehen, was ansonsten die Regel ist. Die andere Möglichkeit ist, nicht den Haupt-Touristen-Pfaden zu folgen, sondern auch mal abseits davon durch kleine Gassen zu schlendern. Das hat nicht nur den Vorteil, dass man das eigentliche Venedig erlebt, sondern in den kleinen Gassen und auf den Piazzas auch deutlich weniger für ein Eis oder einen Cappuccino zahlt. Zudem darf man sich hier auch ungestraft hinsetzen. Ja, tatsächlich, denn das Sitzen, Essen und Trinken auf öffentlichen Plätzen ist verboten. Weder auf dem Boden, noch auf einer Bank, einer Treppe, einer Brunneneinfassung oder den Hochwasserstegen darf man sitzen.
Baden verboten
Natürlich darf man auch nicht in den Kanälen baden, schwimmen ins Wasser springen oder Abfälle auf die Straße werfen oder liegenlassen. Es ist alles reglementiert. Atmen geht gerade noch so – und dies alles ist dem Massentourismus in der Weltkulturerbe-Stadt geschuldet.
Und was das Fahrradfahren angeht, so sollte man sich das gut überlegen. Zwar würden sich die Gassen durchaus dafür eignen, aber sie sind zu überfüllt. Auch auf dem Festland ist das so eine Sache. Um mit dem Fahrrad auf die Brücke nach Venedig zu kommen, gibt es zwei Möglichkeiten: entweder auf einer viel befahrenen Straße ohne Fahrradstreifen über einen Kanal und die Eisenbahnschienen fahren, bevor man auf die eigentliche Brücke gelangt.
Abenteuer Fahrradfahren in Venedig
Die Alternative ist ein Umweg von mehreren Kilometern. Wir haben uns für den Hinweg für erste Alternative entschieden, was recht abenteuerlich war, weil wir über die Leitplanke klettern mussten, um auf die gesonderte Fahrrad-Spur über die Brücke zu kommen. Auf dem Rückweg bei bereits deutlicher Dämmerung sind wir dem Fahrrad-Weg gefolgt und nach rund 1,5 Stunden wieder an unserem Standort auf dem Festland angekommen. Leider hatten wir keine E-Bikes.
Station hatten wir bezogen auf dem Campingplatz Rialto, ein einfacher, aber günstiger Platz, auf dem auch Hunde willkommen sind. Ein Bus nach Venedig hält direkt vor dem Eingang – das ist ungefährlicher, als mit dem Fahrrad.