Burg Raiffershardt: seltsame Erscheinungen
Von Inga Sprünken
Geheimnisvoll thront sie auf einem Felssporn hoch über der Sieg: die Burg Raiffershardt in Windeck-Werfen. Im Herbst ziehen sich scheinbar blutige Adern durch diesen Fels. Bei näherem Hinsehen entpuppen sie sich als rot gefärbtes Efeu. Doch nicht nur dies erregt die Aufmerksamkeit der Vorbeifahrenden.
Manchmal sind es auch Balken mit einem glühenden Schriftzug oder aber Statuen am Turm der Burg Raiffershardt, deren Namen von dem Bergsporn im Windecker Ortsteil Werfen abgeleitet ist. Dieser Ort ist nicht nur mystisch, sondern gesegnet – zumindest, wenn man den Erzählungen der Burgherren und anderer glaubt.
Was geschah auf Burg Raiffershardt?
Eine Reihe unterschiedlicher Menschen hatte hier seltsame Erscheinungen. Gottesfürchtige sind sich sicher, dass es die Mutter Gottes war, die hier mehrfach erschienen ist. Ihr zu Ehren wurde auf dem Gelände neben dem Herrenhaus unter einer eigens gemauerten Grotte eine Marienstatue errichtet. Davor befindet sich die 1997 eingeweihte Gnadenstätte.
Dies ist ein Pavillon mit Bänken. Unter diesem leisten die Gläubigen und Anhänger des sich aufgrund der Erscheinungen im Jahr 2005 gegründeten Marienordens „Königin des Himmels“ Fürbitten und nehmen an interreligiösen Gottesdiensten teil. Diese führt die Erzäbtissin des Ordens, die Burgherrin Mechthild Strohm, durch.
Wasserader entdeckt
Das Besondere an diesem Ort ist, dass Menschen nicht nur für sich um Vergebung und Genesung bitten können, sondern auch für ihre Tiere. Diese Möglichkeit sowie das Aussehen der Statue soll die Erschienene den Erbauern selbst aufgegeben haben. Zudem hatte sie auf eine Wasserader unter dem Fels hingewiesen.
Der Burgherr beauftragte daraufhin einen Brunnenbohrer, der die Wasserader von zwei von Radiästhesisten bestätigen ließ. Einer von ihnen berichtete im Nachhinein ebenfalls von einer Marienerscheinung hinter einem der Fenster der Burg.
Das Heilwasser sprudelt
Seit einer 72 Meter tiefen Bohrung sprudelt aus dem im Jahr 2000 eingeweihten Brunnen heilendes Wasser. Das entspringt einer eiszeitlichen Blase, die 5000 Liter pro Stunde liefert und nicht nur die Burgbewohner versorgt. Menschen aus Nah und Fern kommen, um sich hier das besonders schmackhafte und frische Heilwasser zu zapfen.
Einmal jährlich wird das Brunnenwasser von einem Labor überprüft und für gut befunden – es hat gleichbleibende Trinkwasserqualität und enthält jede Menge Mineralien. Burgherrin Mechthild Strohm erzählt, wie sie und ihr Ehemann, Eckard Strohm, im Jahr 1994 an diesen Ort kamen.
Die Burgherren
Das Ehepaar lebte im Oberbergischen und suchte nach einem Ort, an dem es wohnen und arbeiten konnte. Es ging darum, seine weltweiten Seminartätigkeiten zu spirituellen und heilerischen Themen an einem Ort zu bündeln. Die zu diesem Zeitpunkt schon länger leerstehende Burg hatte ein Makler angeboten.
Anderthalb Jahre und elf Tonnen entsorgten Schutts später konnte Strohms einziehen und die offizielle Eröffnung mit einem Tag der offenen Tür für alle Bürger feiern. Von den drei Etagen der burgähnlichen Villa aus dem Jahr 1904 werden zwei zu Wohnzwecken und eine zu Seminarzwecken und Gottesdiensten genutzt.
Der geheimnisvolle Turm
Der von weitem sichtbare Turm gehört zum Dachgeschoss. An diesem nahm erstmalig schon kurz nach dem Einzug der Familie eine Freundin des Hauses eines Nachts beim Vorbeifahren eine Statue wahr und fragte danach. Doch die Burgherrin wusste davon nichts.
Ebenso berichtete der Bruder des Burgherrns eines Nachts von einem glühenden Schriftzug mit einer lateinischen Gottes-Botschaft an einem Balken im oberen Bereich der Burg. Unterschiedliche Menschen berichteten von Erscheinungen rund um die Burg. Gemeinsam war den Erzählungen deren Aussehen, nämlich eine weiße Gestalt mit geöffneten Händen, wie sie heute in der Grotte zu sehen ist.
Die Mariengrotte als Anziehungspunkt
Von dort führt ein Königsengelweg etwa anderthalb Kilometer steil bergauf in den Wald. Der Wegesrand wird flankiert von zwölf Engel-Bildern. Man trifft den Engel der Erde, des Feuers, des Wassers, der Liebe, der Kreativität oder der Harmonie.
Der Marienorden selbst ist mittlerweile in 35 Ländern der Erde vertreten und teilweise staatlich anerkannt. Ihm gehören ausschließlich Frauen unterschiedlicher Religionen an.
Die Geschichte der Burg Raiffershardt
Die Burg Raiffershardt selbst war einst von einem Hauptmann a.D Effling als Sommerresidenz in Windeck-Werfen erbaut worden. Der erfolgreiche Kaufmann hatte einer Verwandten eine Bürgschaft eingeräumt, die jedoch platzte. Das zog nicht nur den Zusammenbruch der Gemeindebank nach sich, sondern auch den Verkauf der Burg, die danach als Pension genutzt wurde.
Der nächste Bewohner war der Leiter des benachbarten Bodelschwingh-Gymnasiums in Herchen. Nach der Schul-Schließung im Zweiten Weltkrieg diente das Anwesen als Lazarett, als Unterkunft für Flüchtlinge und belgische Besatzungstruppen.
Nachdem das Anwesen renovierungsbedürftig geworden war, wechselte es mehrfach die Eigentümer. Der vorletzte erwarb es im Rahmen einer Zwangsversteigerung. Da sich dessen Pläne, ein Bordell dort einzurichten, nicht umsetzen ließen, stellte er die seit 1986 unter Denkmalschutz stehende Burg zum Verkauf. Heute hat hier neben dem Marienorden auch ein humanitärer Templerorden seinen Sitz.