Des Drachen Fluch und die Toten im Siebengebirge
Man könnte das Phänomen mit dem Fluch des Drachen beschreiben, denn immer wieder laufen Rettungsaktionen im Siebengebirge. Nachdem im Dezember vergangenen Jahres ein Skelett unterhalb des Drachenfelses gefunden wurde, mussten im Oktober die Einsatzkräfte der Feuerwehr Königswinter einen Wanderer am Fels des Drachen retten. Der Mann hatte sich bei der Leitstelle gemeldet und angegeben, sich nicht mehr selbst befreien zu können. Er hatte von Rhöndorf aus den Drachenfels zu erklimmen versucht. Kurz vor seinem Ziel unterhalb des Gipfels hatte er den offiziellen Wanderweg verlassen und kam dann irgendwann nicht mehr weiter.
Der Löschzug aus Königswinter sowie eine Sondergruppe „Einfache Rettung aus Höhen und Tiefen“ wurden alarmiert und machten sich auf die Suche nach dem Wanderer. Nachdem er gefunden worden war, seilten sich Einsatzkräfte über das Drachenfels-Plateau zu ihm ab und zogen den Mann über ein Sitzsystem zum Plateau hoch. Wie er unterschätzen viele das Siebengebirge, in dem es durchaus alpine Abschnitte gibt.

Unfälle am Drachenfels
Der Rheinsteig führt von unten aus Rhöndorf hinauf zum Drachenfels. Stellenweise ist der Pfad durch ein Geländer gesichert. Er sollte nicht verlassen werden, denn die Feuerwehr musste in den vergangenen Jahren immer wieder Menschen am Drachenfels retten. Im Jahr 2014 etwa endete ein Schulausflug mit einer Rettungsaktion. Sechs Kinder und zwei Betreuer waren beim Aufstieg in das steile Gelände unterhalb des Drachenfels-Plateaus geraten, nachdem sie vom Weg abgekommen waren. Erst im April musste ein Mann abgeseilt werden, der nicht mehr eigenständig gehen konnte.
Im Dezember 2024 fand sich unterhalb des Drachenfelsplateaus ein menschliches Skelett. Wie später ermittelt wurde, gehörten die Knochen einem 26-jährigen Mann aus Köln, der als vermisst galt. Auch er hatte sich wohl im Steilhang verlaufen oder aber er war abgestürzt. Eigentlich halten am 321 Meter hohen Drachenfels Schutzgeländer und Balustraden die Wanderer vom Verlassen der sicheren Stellen ab. Das Skelett des Mannes hatte jedenfalls schon mehrere Monate unbemerkt an dieser Stelle gelegen.
Die entgleiste Bahn am Drachenfels
Der größte Unfall am Drachenfels ereignete sich am 14. September 1958. Bei einem Eisenbahnunfall der Drachenfelsbahn starben 17 Menschen. Es war der Zug der letzten Talfahrt an diesem Tag. Um 18.45 Uhr befanden sich etwa 160 Fahrgäste im Zug. Das waren 25 mehr, als es eigentlich sein durften.
Die Zahnradbahn wurde zu dieser Zeit von einer talwärts laufenden Dampflokomotive betrieben. Diese zog drei Wagen, die nur über Mittelpuffer und durch die Schwerkraft mit einander verbunden waren. Wegen einer Nachlässigkeit war der Kesseldruck abgesunken, was bewirkte, dass die Gegendruckbremse nur eine verminderte Bremsleistung brachte. Dadurch wurde der Zug sofort nach der Abfahrt aus der Bergstation zu schnell. Statt der sonst üblichen zehn Stundenkilometer beschleunigte die Bahn auf bis zu 50 Stundenkilometer.

Die Bremsen versagten am Drachenfels
Das Personal zog die Handbremse an, während sich durch das selbstständiges Aufpumpen der Gegendruckbremse ebenfalls Druck aufbaute. Durch die dadurch extreme Bremsung wurden die beiden Zahnräder aus der Zahnstange gedrückt, schleiften auf dem Holm und konnten die Bremskraft nicht mehr übertragen. Mit einer Geschwindigkeit von 50 Stundenkilometern raste die ins Tal und entgleiste in einer leichten Kurve.
Der erste Wagen kippte um und wurde völlig zerstört. Der zweite Wagen wurde vom Schaffner mit der Handbremse verlangsamt, fuhr aber noch mit erheblicher Wucht in die Trümmer des ersten. Nur der dritte Wagen konnte abgebremst werden. 17 Fahrgäste starben, 112 wurden verletzt. Unter den Toten war auch der Heizer, während es dem Lok-Führer gelungen war, abzuspringen. Der Dampfbetrieb der Drachenfelsbahn ist seither eingestellt.
Der Fluch des Drachen am Drachenfels
Schaut man in die Geschichte des Drachenfelses stößt man auf den Fluch des Drachen. Nach der Legende könnte der Zorn des Drachen für das Unglück verantwortlich sein. Es gibt mehrere Erklärungen dafür, wie der einstige Drache aus seiner angestammten Höhle am Drachenfels verschwand. Die eine ist das Nibelungen-Lied, in dem Siegfried den Drachen tötete. Allerdings spielt diese Sage eher im Raum Worms. Die andere Erklärung ist eine Jungfrau, die den Drachen mit einem Kreuz besiegte.
Das war eine Zeit, in der an den Rheinufern noch die Heiden wohnten und dem Drachen tagtäglich Menschenopfer darboten. Der Drache lebte in der Drachenhöhle am Drachenfels. Meist waren Kriegsgefangene die Opfer, die unweit der Höhle an einen Baum gebunden wurden. Dort war auch ein Altar aufgemauert. Zur Abenddämmerung kam der Drache stets aus seinem Versteck und verschlang die Opfer. An einer christlichen Jungfrau jedoch biss er sich die Zähne aus.

Der Drachen stürzte in den Rhein
Eine blendend schöne Jungfrau sollte eines Tages ebenfalls geopfert werden. Sie wurde wie eine Braut geschmückt und an den Baum am Altar gebunden. Als die letzten Strahlen der untergehenden Sonne auf den Eingang der Höhle fielen, kam der Drache hervor und wollte sein Opfer verschlingen. Die Jungfrau hielt ihm jedoch furchtlos ihr Kreuz entgegen. Der Drache wich zurück und floh, indem er sich den Felsen hinab in den Rhein stürzte.
Manches Mal jedoch kommt er wieder hervor und holt sich seine Opfer, so scheint es. Aber die Menschen glauben nicht mehr an Drachen. Darum muss es eine besondere Konstellation sein, die den Drachen wieder zum Leben erweckt. Neben dem Glauben an ihn, gibt es eben Menschen, die Böses im Herzen tragen. Und da der Drachenfels jährlich von bis zu 600.000 Menschen aus aller Welt besucht wird, finden sich immer auch mal wieder solche darunter.
Die Drachenburg und die Burg des Drachen
Und es gibt noch einen Mythos um den Drachenfels. Die Drachenburg ist nicht dieselbe wie die Burg Drachenfels. Von Letzterer finden sich noch Reste auf dem Gipfel des Berges. Ihr Bau wurde 1138 vom Kölner Erzbischof Arnold begonnen und 1149 vom Propst des Bonner Cassius-Stifres fertig gestellt. Der berühmteste Burggraf Godart wurde durch den Verkauf der Steine des Drachenfelses für den Bau des Kölner Domes sehr vermögend.
Im Jahr 1632 eroberten die Schweden die Burg Drachenfels, die im folgenden Jahr von spanischen Truppen wieder belebt wurde. Das veranlasste den Kölner Kurfürsten Ferdinand 1634 dazu, die Außenmauern der Burg schleifen zu lassen, um sie wieder unter Kontrolle zu bringen. Nach diesen Beschädigungen wurde das Bauwerk nicht mehr repariert. Der Steinbruch rückte indes immer näher an die Kuppe heran. Im Jahr 1788 stürzte die unterhöhlte Südwestseite des Bergfrieds, das an der Rheinseite stehende Wohnhaus und ein Teil der Kapelle ab.

Die Eroberung des Drachenfelses
Um die vollständige Zerstörung des Berges zu verhindern, wurde ab 1807 die Abbautätigkeit verboten. Die preußische Regierung kaufte im Jahr 1836 die Bergkuppe. 1967 kam es zu größeren Felsabbrüchen am Berg, der daraufhin in den Jahren zwischen 1971 und 1973 durch Stahlanker und Betonarmierungen gesichert wurde. Heute ist das Land Nordrhein-Westfalen Eigentümer der Burgruine, während die Hänge des Drachenfelses dem Verschönerungsverein für das Siebengebirge gehören.
Die eigentliche Drachenburg oder „Schloss Drachenburg“ ist eine Privatvilla des einstigen Pariser Finanzfachmanns Stephan von Sarter in Höhe der Mittelstation der Zahnradbahn. Sie entstand in den Jahren 1882 bis 1884. Der gebürtige Bonner war an der Pariser Börse zu Geld gekommen und hatte sich mithilfe einer großzügigen Spende in den Freiherrenstand erheben lassen. Von Sarter lebte jedoch bis zu seinem Tod 1902 in Paris und bewohnte das Schloss kaum.
Das Schloss des Drachen
Die Drachenburg wechselte danach mehrfach seine Besitzer. Es wurde als Ferienresidenz, als Christliches Internat, als NS-Schule, als Flüchtlingsunterkunft und als Schulungszentrum der Deutschen Bahn genutzt. Heute ist das restaurierte Schloss eine Sehenswürdigkeit und wird von der NRW-Stiftung Natur, Heimat und Kultur betreut. Sie erwarb das Schloss 1989 vom Land Nordrhein-Westfalen, das es zuvor vom letzten privaten Eigentümer, Paul Spinat, gekauft hatte. Dieser hatte das Anwesen 1971 gekauft und vor dem Verfall gerettet.
Die NRW-Stiftung ließ Schloss und Park aufwendig renovieren. Seit 1986 steht das Ensemble unter Denkmalschutz. Die Drachenburg ist heute ein Museum, in dem die Wohnkultur der Gründerzeit und die wechselvolle Geschichte des Schlosses gezeigt wird. Gerne wird sie auch als Filmkulisse etwa für das Format „Bares für Rares“ genutzt. Außerdem wird das Schloss für Veranstaltungen wie Weihnachtsmarkt oder Hochzeiten verwendet. Die Stadt Königswinter betreibt dort ein Trauzimmer. Es gibt zwei Suiten, in denen man übernachten kann, sowie ein Restaurant.

Heiraten auf dem Drachenfels
Als Teil des Siebengebirges reicht der Drachenfels am weitesten an den Rhein heran und – was die Wenigsten wissen – er sich im Rhein fort. Der Rheinabschnitt zwischen Rhöndorf und Königswinter ist wie der an der Loreley für seine Untiefe gefürchtet. Der Drachenfels liegt genau zwischen Königswinter und Bad Honnef und markiert den Übergang des Mittelrheins zur Kölner Buch. Zum Rhein fällt der Berg steil ab, nach Norden nur sanft und im Osten wird er durch einen kleinen Einschnitt von der 324 Meter hohen Wolkenburg getrennt. Das romantische Nachtigallental, das zum Wandern einlädt, wiederum trennt ihn vom 256 Meter hohen Hirschberg ab.
Insgesamt besteht das Siebengebirge nicht aus sieben, sondern aus 50 Anhöhen, teilweise mit Burgen. 14 von ihnen gehören zu den Bekanntesten. Dazu zählt auch der höchste Berg, der 460 Meter hohe und weithin sichtbare Große Ölberg mit Gipfelrestaurant. Neben ihm gibt es noch den weniger bekannten Kleinen Ölberg, der 331 Meter hoch ist und in dessen Norden liegt. Die 455 Meter hohe Löwenburg wird von einer Burgruine gekrönt. Der weniger bekannte Lohrberg ist 432 Meter hoch und der Nonnenstromberg 335 Meter.
Mehr als sieben Berge im Siebengebirge
Der Petersberg mit seinem legendären Gästehaus der Bundesrepublik ist 335 Meter hoch. Schon die Kelten hielten sich hier auf wie ein keltischer Ringwall beweist. Eine mittelalterliche Burg an dieser Stelle trug den Namen Stromberg. Die Wolkenburg erhebt sich 324 Meter im Westen, die Große Rosenau mit Burgruine 322 Meter im Osten. Dann gibt es noch den Großen Breiberg mit 312 Metern Höhe, den Stenzelberg mit 287 Metern, die Dollendorfer Hardt mit 246 und den Weilberg mit 242 Metern.
Wie die Bezeichnung „Siebengebirge“ zustande kam, lässt sich nur vermuten. Die älteste Namensnennung lautet Siebenberg. Denn die sieben Hauptgipfel sind vom Kölner Dom aus deutlich zu erkennen. Zudem wird die Zahl Sieben als magisch betrachtet. In diesem Fall steht sie für ein Gebirge, das bis zum beginnenden 19. Jahrhundert als schwer durchdringlich, unheimlich und als Schauplatz von Sagen und Spukgeschichten galt.

Das Siebengebirge und wie es entstand
Nach der Legende entstanden die sieben Hügel durch sieben Riesen, die Erdreich von ihren Spaten abschüttelten. Die Bürger hatten sie zuvor beauftragt, ihnen zu helfen. Die Sieben könnte auch dem Wort siefen entlehnt sein. Das bezeichnet ein feuchtes Bachtal. Geografisch geht das Siebengebirge auf vulkanische Aktivität zurück. Es wurde 1923 zu einem der ersten Naturschutzgebiete in Deutschland erklärt.
Heute ist das Siebengebirge mit dem Drachenfels, dem Petersberg und dem Ölberg eines der beliebtesten Wandergebiete Deutschlands, das einige Geheimnisse wie etwa die Ofenkaulen beherbergt. Manchmal erscheinen auf den Wegen im Siebengebirge auch seltsame blaue Lichter. Mehr dazu gibt es in einer anderen Geschichte…








