Der Teufel auf dem Berg und ein ungeklärter Mordfall
Täglich brausen unzählige Fahrzeuge auf der B 478, der Bröltalstraße, entlang – nicht wissend, dass hoch über ihnen der Teufel lauert. Direkt oben am Steilhang der Bröl liegt ein tonnenschwerer Stein, dessen Herkunft ungeklärt ist. In alten Karten ist dieser Stein als „Heidnischer Kultplatz“ gekennzeichnet. Die Rede ist von der „Teufelskiste“.
Dieser mächtige Stein, möglicherweise ein umgestürzter Megalith, ist ein Kraftort. Zur Sommersonnenwende oder zu den Jahreskreisfesten pilgern Spirituelle hierhin. Sie nutzen die Kräfte des Steins für Rituale oder zur Energieaufladung. Davon zeugen Feuerplätze direkt neben diesem seltsamen Stein, um den sich einige Geschichten ranken.
Ein heidnischer Kultplatz oberhalb der Bröl
Ein örtlicher Geschichtsverein hat ermittelt, dass es in vorchristlicher Zeit unterhalb des Steilhangs im Uferbereich der Bröl eine Merowinger-Siedlung gegeben haben soll. Deren Bewohner könnten die Errichter dieses heidnischen Kultplatzes auf der Kuppe gewesen sein. Denn den Stein zeichnet eine Besonderheit aus: obwohl sich in diesem Bereich viele Steine finden, ist der fünf Meter lange, bis zu 2,50 Meter breite und 1,20 hohe Felsblock nicht ursprünglich von dieser Stelle. Wie er an diesen Ort kam, bleibt ein Geheimnis.
Seine Gesteinsschichtung ist eine völlig andere, als die der benachbarten Felsen. So wird angenommen, dass der 20 Tonnen schwere Schieferfels an diese Stelle unweit des Weilers Beiert verbracht wurde. Er könnte ein Menhir gewesen sein, der umgestürzt ist. Diese länglichen, meist unbearbeiteten Steine waren bis zu 20 Meter hoch und wurden senkrecht in der Landschaft aufgestellt. Sie standen entweder einzeln oder in langen Reihen – so wie die weltbekannten Steinreihen in Carnac (Bretagne/Frankreich) oder in Stonehenge (Großbritannien).
Kultische Handlungen an geheimen Plätzen
Kultplätze gibt es viele in Deutschland. Dazu gehören auch die Extern Steine im Teutoburger Wald, die Görresburg bei Nettersheim in der Eifel oder der Druidenstein im Siegerland. Die Definition Kultstätte wird für bauliche Anlagen und bedeutsame Plätze der Vor- und Frühgeschichte verwendet. Vielfach wurden dort Opfergaben dargebracht. Sie dienten auch als Grabstätten wichtiger Personen.
An manchen dieser Kultplätze werden noch heute kultische Handlungen vorgenommen. Sie zeichnen sich oftmals durch herausragende Orte in der Natur aus, wie etwa dieser Felssporn oberhalb der Bröl. Nach der mythischen Überlieferung sind an diesen Stätten, bei denen es sich um Höhlen, Wasserfälle oder Berggipfel handeln kann, Erdgottheiten an die Oberfläche getreten. Menschen gestalteten die Orte vielfach um. Steinkreise und Wälle zeugen noch heute vielfach davon.
Die Legende um den Teufel
Ihren Namen hat die „Teufelskiste“, die abseits der Waldwege am Rande des Felsvorsprungs liegt, der steil zur Landesstraße und zur Bröl abfällt, von einer Legende. Der Teufel höchstpersönlich soll unter dem Stein gefangen gehalten werden. Die Siedler im Bröltal hatten gegen ihn gekämpft, weil er sich mit seinen Gesellen dort nieder gelassen und die Bauern nicht in Frieden gelassen hatte.
Er soll ihre Felder haben vertrocknen lassen und das Vieh verschreckt haben. Deshalb sagten die Bauern aus Neunkirchen, Winterscheid und Umgebung dem Dämonen den Kampf an. Sie taten sich zusammen und zogen auf der Beierter Höhe in die Schlacht gegen den Satan. Der Erzengel Michael kam ihnen zu Hilfe. Mit seinem flammenden Schwert konnte er den bösen Geist überwältigen.
Der Teufel in der Kiste
Die Bauern schmiedeten den Teufel in Fesseln aus Eisen in einem am Hang gegrabenen Loch fest und wälzten den Hinkelstein über ihn. Seither war Ruhe eingekehrt in die Dörfer ringsherum. Doch bei jedem Streit in der Nähe des Steins oder dem Nachlassen der Frömmigkeit der Anwohner, fängt es an, unter dem Stein zu rumoren. Das soll so weit gehen, dass der Stein sich immer weiter auf den Abgrund zubewegt.
Andere Legenden berichten von einem unter dem Stein verborgenen Schatz sowie von weiteren zornigen Gesellen, die unter ihm gefangen sind. Feinfühlige Menschen jedenfalls berichten von starken Energieschwingungen im Bereich der Teufelskiste. Interessant sind jedenfalls die Baumformationen in diesem Bereich. Direkt neben dem Felsblock befindet sich beispielsweise ein abgestorbener Baum, der in sich verdreht ist, als habe er sich wegbewegen wollen von diesem Ort.
Der Teufel als böses Wesen
Das Wort Teufel stammt aus dem Althochdeuschen tiufil. Die Goten nannten das Böse Diabulus, die Griechen Diabolos, was so viel wie Verleumder, Widersacher heißt. Im Christentum und im Islam wird der Teufel als ein eigenständiges übernatürliches Wesen angesehen. Manchmal taucht er auch mit einer Vielzahl von Dämonen auf. Seine Gestalt bildete sich aus verschiedenen Hochkulturen heraus und war immer Gegenspieler eines gütigen Gottes. Letztlich spiegeln diese beiden Mächte die Dualität aller Ding wieder.
Die Teufelskiste hoch über dem Bröltal strahlt auf jeden Fall etwas Besonderes aus. Kuriose Baumgestalten und Steinformationen beherrschen mit den steil abfallenden Felswänden das Bild dieses Ortes und regen die Fantasie an. Das tut auch das sich unweit des Kultplatzes befindende Heiligenhäuschen mit der Jahreszahl 1830 und der Inschrift: „Heiliger Josef, Du Schrecken der bösen Geister, verwehre ihnen den Zugang zu unseren Familien und lasse nicht zu, dass eine Seele unserer Angehörigen verloren gehe“.
Ein Heiligenhaus gegen den Teufel
Kurz vor dem Heiligenstock gibt es eine Stelle, an der sich die Ruten von Rutengängern kreuzen – ein Zeichen für eine negative Energie. Das Heiligenhäuschen selbst ist auch der Beweis für eine keltische Kultstätte. Denn Kirchen, Kapellen und Kreuze wurden einst genau an den Orten errichtet, an denen unsere heidnischen Vorväter ihre Rituale abhielten. Die christlichen Symbole an diesen Kraftorten sollten die Heiden zum christlichen Glauben bekehren.
Folgt man dem Weg weiter bergauf gelangt man nach kurzer Strecke zu einer weiteren Heiligenstätte: der Laurentiuskapelle, die am Ortseingang des Dorfes Beiert liegt. Eine riesige alte Linde bewacht das kleine Gotteshaus aus dem 17. Jahrhundert. Der Baum ist aus einem älteren, einst an dieser Stelle stehenden Lindenbaum gewachsen. Dieser war von einem Blitz getroffen worden.
Die Linde vom Blitz getroffen
Die Linde hat für einen ganz besonderen Stellenwert. Aus den Wäldern wurde sie in die Städte geholt und vereinzelt. Sie galt als eine „mütterliche“ Baumpersönlichkeit, mit herzförmigen Blättern, süßem Blütenduft und ausladender Krone. Als Baum mit besonderer Anziehungskraft spendete sie ein Gefühl von Geborgenheit.
In der Mythologie kam den Linden eine hohe religiöse und mythologische Bedeutung zu. Sie wurden zu vielen besonderen Anlässen gepflanzt und fungierten als lebende Denkmäler. Davon zeugen etwa noch mächtige Linden auf Marktplätzen. Unter ihnen wurde Gericht gehalten, getanzt oder geheiratet. Denn die Linde gilt als Symbol für Gerechtigkeit, Liebe, Frieden und Heimat. Schon im Mittelalter schrieb Walter von der Vogelweide über die Liebe unter der Linde. Heinrich Heine verglich das Lindenblatt mit einem Herzen. Die Linde ging in vielen Städten und Dörfern als Symbol für Tapferkeit und Sieg in die Wappen ein, ebenso wie in die Wappen deutscher Adelsgeschlechter.
Der Heilige Laurentius
Scheint die Morgen- oder die Abendsonne in die Kapelle, leuchtet der Heilige Laurentius, der auf dem Altar steht, in den Farben Blau und Rot. Das Farbenspiel ist den Buntglasfenstern geschuldet, die sich nach Osten und nach Westen öffnen und den Altar in ein mysthisches Licht tauchen. Der Heilige, der hier verehrt wird, war einst ein Spanier und Erzdiakon unter Papst Sixtus II., der wiederum unter Kaiser Valerian während der Christenverfolgung hingerichtet wurde.
Bevor der Papst ermordet wurde, hatte er Laurentius das Kirchenvermögen übergeben. Der Kaiser forderte dieses jedoch ein. Laurentius verteilte es daraufhin an die Armen. Das gelangte ihm zum Nachteil, denn er wurde auf einem glühenden Rost zu Tode gemartert. So wird er in der Laurentius-Kapelle auch mit dem Rost und in der Kleidung des Diakons gezeigt. Die Skulptur stammt aus dem Jahr 1767.
Die Kapelle und die Legende über den Teufel
Heute gilt Laurentius als Schutzpatron der Berufsgruppen, die mit offenem Feuer zu tun haben. Dazu gehören Bäcker, Bierbrauer und Köche. Da er das Kirchenvermögen verwaltete, gilt er ebenso als Schutzpatron von Archivaren und Bibliothekaren. Sein Todestag ist der 10. August. Darum wird im nahen Winterscheid an diesem Datum traditionell die Laurentius-Kirmes gefeiert.
Die Kapelle war im Jahr 1967 verfallen. Mit Unterstützung des Wuppertaler Fabrikanten Walter Schneider wurde sie wieder instand gesetzt. Seither wird sie von den Beierter Dorfbewohnern liebevoll gepflegt. Das alles ist auf dem Schild zu lesen, das direkt gegenüber der Kapelle steht. Darauf erfährt man auch, dass der Ort Beiert im Jahr 1299 seine erste Erwähnung fand. Der Burggraf Heinrich von Drachenfels übertrug den „Hof Beiert“ dem Grafen Wilhelm von Berg als Lehen. Ab 1644 gehörte der Hof Beiert dem Graf Bertram von Nesselrode zum Stein. Auch die Legende über den Teufel ist auf der Tafel erwähnt.
Das Skelett von Beiert
Der Ruppichterother Ortsteil Beiert ist klein. Es gibt nur eine Straße mit drei Stichwegen dort und nicht viele Häuser. Wenige hundert Meter südlich liegt die Bundesstraße, im Westen die Burg Herrnstein, dazwischen Wälder, Felder und ein See. In dieser Idylle allerdings fand ein Mord statt, der es bis ins Fernsehen zu „Aktenzeichen XY ungelöst“ geschafft hat. Hier wurde ein Skelett gefunden – der Fall ist bis heute ungeklärt.
Das Skelett befindet sich seit fast 30 Jahren im Institut für Rechtsmedizin in Bonn. Es war am Pfingstmontag 1994 im Waldgebiet zwischen Beiert und dem See von zwei Jungen im Unterholz entdeckt. Zunächst dachten sie an die Knochen eines Tieres und nahmen sie mit, um sie ihren Eltern zu zeigen. Zwei Tage später brachte einer von ihnen die Knochen mit in die Schule. Die Lehrerin identifizierte die Knochen als die eines Menschen. Zwei Tage später meldete sie den Fund der Polizei.
Mordfall ist bis heute ungeklärt
Kurze Zeit später durchforstete ein Ermittlungsteam den Wald und stießen auf weitere Knochen, vergammelte Kleidung und weitere Gegenstände. In der Gerichtsmedizin entdeckte man ein Einschussloch in der Schädelplatte. Damit war klar, dass es kein Suizid, sondern ein Mord war. Die Mordkommission wurde eingeschaltet. Die Polizei ging von einer Ortskenntnis des Täters aus, da die Leiche sehr versteckt lag. Komisch war, dass die Polizei nur einen Anwohner aus Beiert ausführlich befragte. Es war ein Landwirt.
In der Öffentlichkeit bat die Polizei um Hinweise, es meldete sich jedoch niemand aus dem Ort Beiert. Auch der Förster, der mittlerweile im Ruhestand ist, wurde nicht befragt. Sämtliche Ermittlungsansätze der Mordkommission blieben erfolglos. Die Polizei ging davon aus, dass es sich bei der Leiche um eine Frau gehandelt habe. Inzwischen hat sich mittels der neuen DNA-Technik aber herausgestellt, dass es sich um einen Mann gehandelt haben muss. Das war Anfang 2021 durch eine Untersuchung der Kieferknochen des Opfers. Seither wird wieder ermittelt. Aber auch nach der Ausstrahlung der ZDF-Sendung im September 2021 gab es keine Ergebnisse.