Eitorf unter Wasser

Eitorf unter Wasser, Rhein-Sieg-Kreis.

Wassermassen
Wenn in kurzer Zeit hohe Mengen an Regen fallen, können Bäche und Flüsse schlagartig ansteigen und alles unter Wasser setzen – so wie im vergangenen Sommer an der Ahr geschehen. Laut WWF zeigen Studien, dass Starkniederschlagsereignisse auch eine Folge des Klimawandels sind und dass diese in Zukunft zunehmen werden. Doch solche Katastrophen gab es schon früher. In Eitorf verwandelte sich im Juli 1970 der Eipbach in einen reißenden Fluss.

Am 8. Juli 1970 kurz vor 18 Uhr saß Schumachermeister Max Herwig in seiner Werkstatt in einem von außen zugänglichen Kellergeschoss in der Cäcilienstraße und arbeitete. Er bemerkte nicht, was draußen vor sich ging. Ein starker Gewitterregen ging herunter. Der an der Cäcilienstraße liegende Eipbach stieg in Windeseile an. Als plötzlich Wasser unter seiner Tür durchdrang, wurde der 69-Jährige aufmerksam. Doch da war es schon zu spät. Der Mann versuchte vergeblich, die Tür zu öffnen, doch die Wassermassen drückten schon dagegen und versperrten ihm den einzigen Ausweg.

Wasser versperrt den Ausweg

Das Wasser stieg und stieg. Es stand dem Schuster schon bis zum Hals. Er konnte nicht entkommen. Schließlich stieg das Wasser bis fast unter die Decke. In seiner Not klammerte sich der Mann an ein Heizungsrohr unter der Decke, um noch Luft zu bekommen und nach Hilfe zu rufen. Als die Feuerwehr eintraf, versuchte sie, ihn zu befreien. Doch auch ihr gelang es nicht, gegen die Kraft des Wassers die Türe zu öffnen.

Es blieb nur eine Möglichkeit, den Mann zu retten. Die Feuerwehr stemmte kurzerhand ein Loch in den Boden im Erdgeschoss. Und das geschah gerade noch rechtzeitig. Der Schuhmachermeister konnte durch das Loch ins obere Stockwerk gerettet werden. Außer Schweinen, die später auf dem Marktplatz trieben, gab es keine Toten zu beklagen. Ein Starkregen hatte aus dem sonst so geruhsam dahinfließenden Eipbach einen reißenden Fluss gemacht.

Eitorf unter Wasser, Hochwassermarke von 1970, Rhein-Sieg-Kreis.

Zwei Meter hohe Flutwelle

Eine zwei Meter hohe Flutwelle ergoss sich über die Cäcilienstraße Richtung Markt. Autos wurden mitgerissen, Scheiben eingedrückt, Bäume entwurzelt. Nur 15 Minuten dauerte das Spektakel. Doch es reichte, um selbst ein Haus zum Einsturz zu bringen und den Marktplatz in einen See zu verwandelm. In einer Druckerei standen drei Maschinen unter Wasser (Schaden: 750.000 DM). Koks und Eierkohlen aus den Kellern schwammen in der Flut, wie die Rundschau berichtete.

Auch die Räume der Raiffeisenbank standen unter Wasser. Die hinteren Türen wurden aus den Angeln gerissen. Ein Mitarbeiter öffnete die Tür zum Markt, damit sich das Wasser nicht stauen konnte. Trotzdem wurde der Schutzkasten für den Kassierer aus der Verankerung gerissen. Ein zehn Tonnen schwerer Geldschrank verschob sich um ganze 50 Zentimeter. Eine fremde Gartenbank schwamm durch die Bank. Und auch die Asbacher Straße stand im unteren Teil unter Wasser. Die Eitorfer aus dem Oberdorf strömten herbei, um sich das Ganze anzusehen.

Wasser konnte sich nicht ausbreiten

Zweihunder Feuerwehrleute aus der ganzen Umgebung waren stundenlang im Einsatz. Nachdem die Wassermassen zurückgegangen waren, zeigte sich das ganze Ausmaß der Zerstörung. Die Fahrbahndecken der Straßen waren beschädigt. Alles glich einer Schlammwüste. Die Telefonverbindung war gestört. Die Feuerwehr war noch den ganzen nächsten Tag damit beschäftigt, Wasser aus den Kellern zu pumpen. Trotzdem hatten alle noch Glück im Unglück – denn es hatte lediglich Sachschäden gegeben.

Dass ein solches Unglück jederzeit wieder geschehen kann, daran wird vielfach nicht gedacht. Bäche wie der Eipbach, die stark begradigt in ein Bett gezwungen wurden, haben bei Starkregen keinen Retentionsraum. Dort, wo sich heute die Bachstraße befindet, floss nämlich einst der hübsch mäandernde Eipbach. Er musste in den 1960er Jahren den Plänen eines Bauunternehmers weichen und wurde begradigt. Einige Anwohner retteten damals noch die Fische, die in den vom Wasser abgetrennten Bögen des Eipbachs um ihr Leben kämpften. Der Bach wurde in ein enges Bett aus Steinen und in einen Kanal gezwungen. Bleibt zu hoffen, dass er sich auch künftig mit diesem Platz zufrieden gibt.

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