Sex im ausgebrannten Pärchenclub
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Von Inga Sprünken
Von der Straße aus ist er kaum noch zu sehen – der Ort, der an dem einst viele tolerante Paare Sex hatten. Das Gebäude, in dem viele Jahre lang einer der ersten Pärchenclubs Deutschlands untergebracht war, verfällt zusehends. Seit 1980 trafen sich Paare und einzelne Damen im „Traumland“, um gemeinsam Sex zu haben.
Es war ein Trend, der seinen Ursprung in der sexuellen Revolution der 1960er Jahre hatte. Jeder sollte seine Sexualität frei ausleben können, auch mit mehreren Partnern. Statt rigider Sexualmoral war freie Liebe angesagt. Zu den Wegbegleitern dieser freien Einstellung gehörten Beate Uhse, die 1962 den ersten Sex-Shop der Welt in Flensburg eröffnete. Auch Oswalt Kolle beförderte 1968 diesen Trend mit seinen Aufklärungsfilmen „Das Wunder der Liebe – Sexualität in der Ehe“.
Das Happy Weekend kam auf
Im Jahr 1972 gründete Buchhändler Horst F. Peter mit seiner Frau das Sexualkontaktmagazin „Happy Weekend“. Er hatte das Konzept aus Skandinavien importiert, wo die erste deutschsprachige Zeitschrift „Weekend Sex“ erschienen war. Zu diesem Zeitpunkt war der Verkauf von Pornografie in Deutschland noch verboten. Darum ließ er die Hefte aus den liberalen Niederlanden versenden. Nach einer Gesetzesreform 1973 zog der Verlag nach Essen um.
Die Hefte gab es an Bahnhofsbuchhandlungen, Tankstellen und Sexshops an Volljährige. Es handelte sich in erster Linie um ein Magazin mit privaten und gewerblichen Anzeigen für Sexualkontakte. Das typische „Fremdgehen“ stellte man in Frage, immer mehr Paare zogen es vor, eine offene Beziehung zu führen, um mehr Abwechslung in den Ehealltag zu bringen. Dazu gehörten auch bisexuelle Kontakte, die jedoch bei Männern eher verpönt waren, als bei Frauen.
Paare wollten Sex mit anderen
Und so suchten Paare Kontakte zu anderen Paaren, um gemeinsam Gruppensex zu erleben, Partnertausch zu machen oder auch einen Dreier in Form von einem Mann mit zwei Frauen oder zwei Männer mit einer Frau zu erleben. Menschen veranstalteten sogenannte Swinger-Partys und geschäftstüchtige Gastronomen eröffneten Swinger-Clubs, in denen man sich unverbindlich treffen und miteinander vergnügen konnte. Das „Traumland“ im Schmelztal (Nr. 50) in Bad Honnef war einer der ersten, weitere folgten.
In Schloss Burg etwa gab es das „Beverly“, in Ratingen die Eule und viele andere. Das Konzept war einfach. Paare zahlten Preise zwischen 80 und 180 D-Mark. Beim Betreten des Clubs ging es in Umkleiden, in denen man die Straßenkleidung ablegte oder den langweiligen Feinripp gegen erotische Kleidung tauschte.
Sex im Pärchenclub
Je nach Geschmack trugen die Frauen Corsagen, Strapse, Lack und Leder oder waren völlig unbekleidet und stolzierten auf High-Heels oder Stiefeln umher. Männer trugen mehr oder weniger attraktive Unterhosen, verpönt waren weiße Socken oder Adiletten. Clubs wie das „Traumland“ boten ein Komplettpaket mit einer Bar, an der man Kontakte schließen konnte, Tanzfläche, Sauna, Whirlpool und Sonnenbänke.
Manche verfügten auch über Pools, in denen Pärchen es treiben konnte. Es gab Badezimmer und viele kleine Räume mit Matratzenlagern oder Räumen mit Liebes-Schaukeln oder gynäkologischen Stühlen. Alles konnte man nutzen oder auch einfach nur zuschauen.
Jagdhaus jetzt Traumland
Im Preis enthalten war ein Büffet und Getränke aller Art. Wer sich nicht benahm oder aufdringlich wurde, wurde des Clubs verwiesen. Auch heute noch gibt es solche Clubs – im Schmelztal etwa hat das ehemalige „Jagdhaus“ (Nr. 51) die Funktion des „Traumlandes“ übernommen.
Eigentlich war das Haus im August 1903 als Pension mit Ausflugscafé eröffnet worden. Ab 1929 firmierte es unter dem Namen „Waldschenke“ und diente später als Hotel. 1988 funktionierte man es zur Veranstaltungsstätte um und es wird bis heute als Swingerclub betrieben.
Ein Überbleibsel des Bergbaus
Unweit davon war das „Traumland“ einst als Haus „Einsiedel“ erbaut worden. Es wurde 1918 anlässlich der zeitweiligen Wiederaufnahme des Bergbaus als Verwaltungsgebäude errichtet. Dem Bergbau mit seinen vielen Schmelzereien, die ab Jahr 1753 dort entstanden waren, verdankt das Tal seinen Namen. Die vor Ort geförderten Bleiglanz und die Zinkblende wurden in Schmelzöfen vom Gestein getrennt.
Nach Stilllegung der Gruben im Ersten Weltkrieg wurden manche im Zweiten Weltkrieg wiederbelebt – das war der Ursprung des Hauses „Einsiedel“, das als Verwaltungsgebäude errichtet wurde. Überbleibsel dieser Zeit sind noch Haldenflächen, Stollenmundlöcher, Pingen, Hohlwege und die Schmelztalstraße, die als Teil der Rheinstraße zwischen Honnef und Flammersfeld um 1855 zur preußischen Bezirksstraße ausgebaut wurde.
Der Brand im Sex-Club
Am 28. Dezember 2004 kam das Ende für den Sündenpfuhl „Traumland“. Am Abend drangen dichte Rauchschaden aus dem ersten Obergeschoss des Pärchenclubs. Zu diesem Zeitpunkt war kein Mensch im Haus, da der Club nur von donnerstags bis samstags geöffnet war.
Die Hanglage des Anwesens mitten im Schmelztal machte Schwierigkeiten bei der Löschwasserversorgung. Die Bad Honnefer Feuerwehr musste das Wasser über lange Schlauchleitungen aus dem parallel zur Straße verlaufenden Bach fördern. Zu Hilfe kamen Einheiten des Löschzuges Königswinter-Altstadt, Ober- und Niederdollendorf.
Das Dach musste geöffnet werden
Die Feuerwehr verschaffte sich gewaltsam Zugang zum völlig verqualmten Haus und durchsuchte es mit schwerem Atemschutz nach eventuellen Personen bis der eintreffende Pächter bestätigte, dass dort niemand sein konnte. Die Brandbekämpfung wurde durch die kleinräumige Zimmeraufteilung und abgehangene Decken erschwert.
Für die Brandbekämpfung und später das Auffinden von eventuell noch bestehenden Brandnestern musste das Dach geöffnet, Decken- und Wandkonstruktionen eingerissen werden. Um ein Uhr nachts war das Feuer gelöscht. Eine Brandwache blieb bis sechs Uhr morgens vor Ort – die Feuerwehr hatte nach ihrem Abrücken gegen 3.30 Uhr ein „Schlachtfeld“ hinterlassen.
Brandstiftung untersucht
Die eingeschaltete Kriminalpolizei konnte eine vorsätzliche Brandstiftung ausschließen. Das wäre auch unsinnig gewesen, denn der Swingerclub war stets gut besucht gewesen. Seit diesem Tag modert das unbewohnbar gewordene Gebäude vor sich hin und wächst mehr und mehr zu. Von der einst luxuriösen Ausstattung ist nicht mehr viel zu sehen. Die Reste einer verkohlten roten Sonnenbank, Matratzen und diverse undefinierbare Gegenstände sind übrig geblieben.
Der einstige Konkurrent, das „Jagdhaus“, heißt seit Sommer 2016 „Club Chateau Royal“ und wird noch als einer der wenigen Pärchenclubs betrieben. Hier ist es den Herren untersagt, sich einzeln auf den Spielwiesen herumzutreiben. Es gibt aber laut der Internetseite Trio-Abende am jeweils letzten Freitag im Monat. Solodamen sind willkommen.
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