Neandertal: Menschenknochen in der Hundsklipp

Neanderthaler

Es war einmal im Neandertal. So könnte auch diese Geschichte beginnen. Denn es war einmal ein bekannter Kirchenkomponist mit Namen Joachim Neander. Dieser war zwischen 1674 und 1679 Rektor der Düsseldorfer Lateinschule und suchte in seiner Freizeit gerne das schluchtartige Tal der Düssel auf. Hier in der „Hundsklipp“ genannten Düsselklamm hielt er Gottesdienste ab und komponierte viele seiner heute noch bekannten Kirchenlieder. Von ihm stammt das älteste gedruckte Dokument, in dem das Aussehen des Tals beschrieben wird. So erhielt die einstige Tal der Düssel im niederbergischen Land zwischen Erkrath und Mettmann ihren Namen: Neandertal.

Dem Kalkabbau ist der Fund des Neandertalers zu verdanken

Der Kalkabbau wurde im Neandertal im großen Stil betrieben. (Foto: Inga Sprünken)

Die Entdeckung der Knochen unseres berühmten Vorfahrens ist indes dem Kalkabbau zu verdanken, den es schon im Mittelalter im Tal der Düssel gab. Während damals nur geringe Mengen des devonischen Massenkalks für die bäuerliche Kalkbrennerei abgebaut wurden – es sind Kalköfen aus den Jahren 1519 und 1672 beurkundet – setzte 1849 der industrielle Kalksteinabbau ein. Die 1854 gegründete „Actiengesellschaft für Marmorindustrie im Neanderthal“ baute im großen Stil den Muschelkalk ab – und verursachte damit eine der größten Umweltsünden.

Als 1945 der Betrieb eingestellt wurde, war von der ursprünglichen 1000 Meter langen und etwa 50 Meter tiefen Schlucht mit teils überhängenden Wänden, Wasserfällen, unzähligen kleinen Höhlen und großem Artenreichtum nicht mehr viel übrig. Wie immer hat die Geschichte jedoch zwei Seiten, denn den Fund der fossilen Knochen des Neandertalers hätte es ohne den Kalksteinabbau wohl nicht gegeben. Die Knochen wurden durch 1856 in der Neanderhöhle entdeckt, von der heute nichts mehr übrig ist. Zwei italienische Steinbrucharbeiter hatten sie beim Ausräumen von Höhlenlehm entdeckt und weggeworfen.

Die Knochenfunde im Neandertal

Der Neandertaler im Rheinischen Landesmuseum in Bonn. (Foto: Inga Sprünken)

Als jedoch ein Schädelteil gefunden wurde, wurde der Eigentümer des Steinbruchs, Friedrich Wilhelm Pieper, aufmerksam. Zusammen mit dem Mitbesitzer Wilhlem Beckershoff zeigte er die Knochen dem Lehrer Johann Carl Fuhlrott aus Elberfeld. Dieser vermutete, dass sie zum Skelett eines Urzeitmenschen gehören könnten. Zusammen mit dem Bonner Anthropologen Hermann Schaafhausen präsentierte er den Fund erstmals auf der Generalversammlung des naturhistorischen Vereins der preußischen Rheinlande.

Wie sich nach späteren Forschungen herausstellte, lebten die Neandertaler vor circa 130.000 bis 30.000 Jahren. Die Skelettfragmente aus dem Neandertal sind etwa 42.000 Jahre alt. Fuhlrott selbst erlebte nicht mehr, dass der Knochenfund anerkannt wurde. Er starb im Jahr 1877. Heute ist bekannt, dass sich die Neandertaler in Europa parallel zum Homo sapiens in Afrika aus einem gemeinsamen afrikanischen Urzeitmenschen entwickelten. Sie besiedelten zeitweise große Teile Süd-, Mittel- und Osteuropas.

Von der Fundstätte im Neandertal ist nichts mehr übrig

Das Neanderthal-Museum wurde 1996 an der Fundstelle erbaut. (Foto: Inga Sprünken)

Auch wenn von der Neander-Höhle nicht mehr viel übrig war, gab es in den 1990er Jahren Grabungen im Tal, bei denen bis etwa 2001 weitere spektakuläre Funde gemacht werden konnten. Von dem Leben unserer Vorfahren berichtet das 1996 eröffnete Neanderthalmuseum am Eingang zum Tal, wo sich auch die Höhle befunden haben soll. Das Museum erzählt die Geschichte der Entdeckung der Knochen und stellt das Leben der Neandertaler dar. Das Museum ist derzeit wieder geöffnet: https://www.neanderthal.de/de/start.html. Dazu gehört auch das 1935 gegründete urzeitliche Wildgehege mit Auerochsen und Wisenten auf der Ebene oberhalb des Neandertales. Wer es weiter durchquert, entdeckt nicht nur historische Kalköfen, sondern auch die Winkelsmühle.

Die Winkelsmühle im Neandertal. (Foto: Inga Sprünken)

Die Wassermühle wurde zum Mahlen von Korn eingesetzt und 1387 erstmals urkundlich erwähnt. Als der Mahlzwang Anfang des 19. Jahrhundert aufgehoben wurde, wurde sie versteigert und 1914 in ein Sommerlokal mit später 54 kleineren und größeren Teichen für die Forellen- und Karpfenzucht sowie einem Gondelteich umgewandelt. 1935 entstand anstelle der Fischteiche ein Naturstrandbad mit zwei Becken je 20 mal 50 Meter. Es wurde 1956 geschlossen und verfiel, bis der Zweckverband im Erholungsgebiet Neandertal das Anwesen 1972 erwarb und Haupthaus und Wasserbauten restaurierte. 1997 wurde das Haus an Privatleute verkauft.

 

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