Vergangene Mühlen im verwunschenen Tal

Im Naafbachtal gibt es viele vergessene Weiler. (Foto: Inga Sprünken)

Es ist ein verwunschenes Tal, das sich zwischen den Kommunen Overath, Much, Lohmar und Neunkirchen-Seelscheid erstreckt: das Naafbachtal. Der namensgebende Bach entspringt auf dem Heckberg bei Much und fließt hinter dem Lohmarer Ort Kreuznaaf in die Agger. Das Tal ist nicht nur ein idyllisches Fleckchen Erde und lädt zum Wandern ein, sondern es steht in großen Teilen unter Naturschutz. Hier sind viele seltene Tier- und Pflanzenarten zu finden, darunter der Eisvogel und die Groppe, ein kleiner Süßwasserfisch.

Die Fischermühle war auch Knochenmühle

Die Fischermühle zu einer Zeit, als noch die Grube Nikolaus in Betrieb war. (Repro: Inga Sprünken)

Daneben gibt es in diesem Tal mit dem mäandernden Naafbach, der den Rhein-Sieg-Kreis auf der einen und den Rheinisch-Bergischen Kreis auf der anderen Seite begrenzt, auch zahlreiche denkmalgeschützte Fachwerkhöfe und ehemalige Mühlen. Dazu gehören etwa die Ingersaueler Mühle, die Naafer Mühle und die Fischermühle im oberen Teil des Tals, die heute ein Hotel-Restaurant ist. Im Jahr 1783 von Peter Fischer aus Krampenhöhe bei Marialinden erbaut, war sie anfangs eine von fünf Mühlen. Später kamen noch weitere hinzu. Die Fischermühle besaß wie viele andere einen Mahlgang und wurde von einem oberschlächtigen Wasserrad angetrieben. Die Kraft ging vom Wasserrad aus auf Wellbaum, Kammrad-Ritzel (Kegelräder), über den Kammrad-Stirntrieb auf den Mühlstein.

Gemahlen wurde Gerste, Hafer und Roggen. Einen Sack Roggen zur Herstellung von Schwarzbrot nannte man “Gebäckde”, den Sack mit Gerste oder Hafer, Futter für Kühe oder Schweine, bezeichnete man als “Saupongel”. Der Mahllohn, sechs Prozent des Mahlgutes, kam in die “Molterkiste”. Bis 1920 war die Fischermühle zudem eine Knochenmühle. Zu dieser Zeit lag sie noch weit abseits vom Verkehr, denn durch das Naafbachtal führte nur ein schmaler Weg, der mit Pferde- oder Ochsengespannen zur Holz- und Heuabfuhr befahren wurde. Die heutige Straße wurde in den Jahren 1925 bis 1927 gebaut, die Elektrizität kam 1908 ins Naafbachtal.

Mühlen mussten der Talsperre weichen

Die Ingersaueler Mühle hat die Abriss-Welle überlebt. (Foto: Inga Sprünken)

Manche Mühlen, wie etwa die Weeger Mühle, wurden in den 1970er Jahren abgerissen. Denn seit den 1930er Jahren gab es Planungen zum Bau einer Talsperre im Naafbachtal. In den 50er Jahren wurden sie konkreter. Die Wasserversorgung der Stadt Köln, die des Aggerverbandes und des Wahnbachtalsperrenverbandes sollte durch eine weitere Großtalsperre sichergestellt werden. Eine Prognose sagte einen Trinkwasserbedarf von über 200 Liter/Kopf und Tag vorher. Der Kampf um das Tal spitzte sich in den 70er, 80er und 90er Jahren zu. Nordrhein-Westfalen hatte zwischen 1971 und 1983 rund 15 Millionen Euro dafür bereit gestellt. Die Hälfte davon ging an den Aufkauf und Abriss von Gebäuden. So wurde das Neunkirchen-Seelscheider Dorf Effert fast komplett dem Erdboden gleich gemacht.

Eigentümer von Häusern und Höfen verkauften ihre Immobilien und Grundstücke unter Druck. Dabei wurden viele Meisterwerke typisch bergischen Fachwerkbaus trotz Denkmalschutz vernichtet. Andere Häuser wurden dem Verfall ausgesetzt, manche konnten durch Bürgerproteste gerettet werden, etwa der „Fischerhof“ in Heide. Noch der Kölner Regierungspräsident Franz-Josef Antwerpes befürwortete den Bau der Talsperre. Doch auch die angrenzenden Kommunen Lohmar, Overath, Neunkirchen-Seelbscheid und Much stemmten sich gegen den Bau und taten sich in der „Kommunalen Arbeitsgemeinschaft Naafbachtalsperre“ zusammen.

Die Rettung des Naafbachtals

Der Naafbach trieb einst bis zu zehn Mühlen in seinem Tal an. (Foto: Inga Sprünken)

Bürger gründeten 1982 die Bürgerinitiative zum Schutz des Naafbachtales: https://www.naafbachtal.org/. Im selben Jahr wurde es unter Naturschutz gestellt. Wenig später wurde bekanntgegeben, dass die Landesfördermittel für den Talsperrenbau eingestellt werden. Ein wichtiger Schritt zum Erhalt des Tals war die Benennung als Fauna-Flora-Habitat im Jahr 1999. Bis heute ist zwar eine Streichung aus dem Gebietsentwicklungsplan, nicht jedoch aus dem Landesentwicklungsplan erfolgt. Finanzielle Interessen werden als Hintergrund vermutet, denn die Fördergelder für den Grunderwerb müsste der Aggerverband in voller Höhe samt Wertsteigerung zurückzahlen.

 

 

 

 

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