Heimlich im Siegburger Rathaus

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Räume ohne Fenster, Hallen ohne Möbel. Keiner ist mehr im Rathaus in Siegburg. Es wird komplett entkernt. Das hatten die Bürger am 2. Dezember 2018 entschieden. Das Gebäude wirkt wie ein Knochengerüst. Es ist fast komplett entkernt. Die Türen sind durch schwerere Bretter versperrt. Doch wie das im Leben so geht: Investigative Reporter finden immer einen Weg. Und auch unserem Informanten ist dies gelungen. Kurz nachdem der Wachdienst seine Runde gedreht hat, war der Weg frei. Die Stadt informiert sehr gut auf einer Webseite über die Maßnahmen, wir wollen uns aber persönlich davon überzeugen. Der erste Blick zeigt, dass hier mit schwerem Gerät gearbeitet  wurde.

Baustelle am Siegburger Rathaus
Wo Bagger wirken, ist nichts mehr filigran. (Foto: Informant)

 1967 vom Professor entworfen

Das im Jahr 1967 vom Architekten Prof. Peter Busmann fertiggestellte Rathaus in Siegburg ist ein herausragendes Beispiel für den Rathausbau der Nachkriegszeit. Das Haus bringt mit seiner funktionalen Struktur, seiner Offenheit und seiner Transparenz das demokratische Verständnis der jungen Bundesrepublik überzeugend zum Ausdruck. Nach 50 Jahren ist eine umfassende Sanierung und Erweiterung des besonderen Bauwerks erforderlich, die sich weitgehend am Erhalt des Bestandes orientiert. So das Architekturbüro PPP über das Gebäude. Eigentlich wollte der frühere Siegburger Bürgermeister Franz Huhn das Gebäude abreißen und durch ein Shoppingcenter ersetzen. Doch die Bürger wollten das nicht. Am 2. Dezember 2018 wurde mit einem  Ratsbürgerentschied entschieden, das Siegburger Rathaus zu sanieren. Die alternative Realisierung eines Neubaus auf dem sogenannten Allianzparkplatz wurde klar abgelehnt.

Rathaus Siegburg
Das Rathaus vor dem Abriss. Die Siegburger wollten es behalten. (Foto: Archiv)

Jede Menge Bauschutt

In den zugigen Räumen kann jetzt keiner mehr arbeiten. Fast ein Vierteljahr passierte von außen nichts. Aber im Inneren des Gebäudes wurde alles herausgerissen. Und wie das immer so geht: Es gab die sogenannten Überraschungen. Schadstoffe wie Mineralwolle tauchten plötzlich auf. Alles wurde aber fachgerecht entsorgt. Das Gebäude soll nach der Sanierung den neusten Energiestandards entsprechen.

Rathaus Siegburg
Illegaler Blick ins Innere: Die Büros sind ausgeräumt. (Foto: Informant)

Nüchterne Decken aus Beton

Beim Gang durch die leeren Büros wirkt alles kalt und nüchtern. Beton ist dort zu sehen, wo früher weiße Decken waren. Alles muss raus – wie beim Schlussverkauf nach Geschäftsaufgabe. Türen und Zargen sind entfernt, Bauschuttcontainer bis an den Rand gefüllt. Ende 2024 soll hier wieder die Verwaltung wirken.

Garage Rathaus Siegburg
Müllsäcke liegen im Kellergeschoß herum. (Foto: Informant)

Kalte Keller voller Müllsäcke

Noch sind im Kellerbereich des Gebäudes Müllsäcke zu finden, Bagger schaufeln Schutt zur Seite. Die Installationen folgen bald. Planungen für die neue Nutzung des Gebäudes liegen vor. So ist das Trauzimmer als „Multifunktionsraum“ geplant.  Was immer das auch bedeuten soll. Vorsichtig geht man über Treppen in die erste Etage. Auch hier ist alles kahl. Der kalte Winterwind zieht durch die Räume ohne Fenster.

Scheiben eingeschlagen
Eingeschlagene Scheiben und herausgerissene  Bodenplatten an der Eingangsseite des Rathauses. (Foto: Informant)

Ein Millionenprojekt

Fast 35 Millionen Euro sind für die Sanierung des Gebäudes eingeplant. Das Rathaus war knapp ein halbes Jahrhundert alt. Ob die neue Technik genauso lange hält, muss sich zeigen. Bürgermeister Franz Huhn (CDU) wird das neue Gebäude nicht mehr einweihen. Er wurde von Stefan Rosemann (SPD) bei der Kommunalwahl im Jahr 2020 abgelöst.

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Mord an der Ummigbachsbrücke

 

 

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