Das Haus der toten Augen

Pleistalwerk in Sankt Augustin.

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Das Haus der toten Augen entdeckt man dort, wo im Jahr 1841 die Zeche Plato eröffnet wurde. Wie tote Augen blicken Betrachter die leeren Fensteröffnungen des bis in die 1990 Jahre genutzten Gebäudes an. Der Zutritt zu den zerfallenen Werkshallen ist verboten. Doch der Zaun ist löchrig, schnell findet der neugierige Entdecker Zugang auf das weitläufige Grundstück mitten im Wald. Ein Teich neben der Ruine ist zum Biotop geworden. Früher wurde hier Ton gewonnen. Doch im Jahr 1928 waren die Vorkommen erschöpft. Gut 80 Jahre wurde aus der Tongrube das Material abgebaut, um feuerfeste Steine, Ziegelsteine, Dachziegel sowie mächtige Tonröhren zur Entwässerung von Häusern und Straßen zu brennen.

Die Ruine deslPLeistalwerkes.
Über zwei Etagen gingen die Fabrikationsräume im alten Pliestalwerk. (Foto: Lindemann)

Bunt besprühte Wände

Nur vorsichtig sollte man das akut vom Einsturz gefährdete Gebäude betreten. Unheimlich wirkt die Leere der weitläufigen Hallen. Bunt besprühte Wände fallen sofort ins Auge. Sie zeigen, dass hier nach wie vor Menschen unterwegs sind. Man stolpert über zum Teil verrostete Farbdosen, die achtlos weggeworfen wurden. Tiefe Schächte im Boden sind notdürftig durch Bretter verdeckt. Auch sie sind in die Jahre gekommen. Beim unachtsamen Betreten würden sie sicher schnell zerbrechen und ein Sturz in die Tiefe wäre unausweichlich.

Das PLiestalwerk ist eine Hidden Place.
Tiefe Schächte im Boden sind gefährlich. (Foto: Lindemann)

Weltweit gefragt

An die 250 Menschen fanden in dem Werk zu seinen Hochzeiten Arbeit; das war im Jahr 1912. Im Zweiten Weltkrieg wurde viel Infrastruktur zerstört. Kanalröhren zum Wiederaufbau waren nach 1945 gefragt. Das Pleistalwerk bekam sein Material inzwischen aus Frechen und Oberpleis. Es wurde mit einer Schmalspurbahn angeliefert, deren Gleis bis aufs Werksgelände ging. Die Qualität der Röhren war geschätzt. Sie lag an der Spitze der westdeutschen Steinzeugproduktion. Bis nach Italien, Frankreich und sogar bis in die Schweiz wurde aus Sankt Augustin exportiert.

Nebengebäude am PLiestalwerk.
Hinter diesem Nebengebäude sollte ein Thermalbad entstehen. (Foto: Lindemann)

Viele Pläne – nichts realisert

Der immense Tonverbrauch führte dazu, dass die Gruben in der Umgebung bald erschöpft waren. Auch eine Modernisierung des Gebäudes stand an. Es rechnete sich aber nicht mehr und so wurde die Fabrik 1971 aufgegeben. Die Hallen wurden noch einige Jahre für die Kunststoffproduktion genutzt. Ein Investor stieg ein, um dort eine Rehaklinik  zu errichten, doch das Projekt wurde nie realisiert. Zuvor gab es Pläne, dort ein Thermalbad zu bauen. Aber auch das kam nie zum Bau. Heute zerfällt das Gebäude immer mehr. Ein Umweltverein hat sich gegründet, der sich um das Areal kümmert. Ob es je wieder für industrielle Produktion genutzt werden kann, scheint unsicher.

Alte Lagerhallen im Pleistalwerk.
Mächtige Lagerhallen stehen seit Jahren leer. (Foto: Lindemann)

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