Die Toten vom Dachsberg-See

Der See ist hundert Meter lang. (Foto: Inga Sprünken)

Es gibt Orte, an denen sich Todesfälle häufen. Manchmal sind es ganz idyllische Plätze, wie etwa das zauberhafte Krabachtal zwischen Hennef und Eitorf oder ein See, an denen immer wieder Menschen sterben. Manchmal kommt es auch auf bestimmten Straßen zu Unfällen. Eine logische Erklärung gibt es dafür nicht. Manchmal sind es auch schlimme Ereignisse, die Orte zu unheimlichen machen. So etwa berichten sensible Menschen von Schlafstörungen im rheinland-pfälzischen Grenzort Kircheib. Es ist zwar lange her, aber die Schlacht bei Kircheib am 19. Juni 1796 hat 2000 Tote gefordert. Französische und österreichische Truppen waren hier aufeinander geprallt. Die Gefallenen, die einfach liegen gelassen wurden, begruben die Bewohner in den Wäldern rings herum. Davon zeugen noch Steinhaufen.

Das Schlachtfeld bei Kircheib. (Foto: Inga Sprünken)

Auch an Basaltseen häufen sich Todesfälle. Dort wurde jahrzehntelang die Erde durch Abbau ausgebeutet. Das ist auch so auf dem 363 Meter hohen Dachsberg in Bad Honnef. Der heutige See liegt auf der Asbacher Hochfläche im Stadtbezirk Aegidienberg nicht weit entfernt von der Autobahnauffahrt der A3. Ab 1877 wurde hier der durch Vulkantätigkeit entstandene Säulenbasalt abgebaut. 1929/1930 endete der Basaltabbau, 1937 wurde er wieder aufgenommen, 1968 endgültig beendet. Er hinterließ auf 329 Meter Höhe den Dachsbergsee, auch Dachsberger See genannt. Der See ist über einen Hektar groß und 18 Meter tief. Seit 1979 wird er vom Angelsportverein Bad Honnef bewirtschaftet.

Ein Angelsportverein ist am See beheimatet. (Foto: Inga Sprünken)

Das Wasser im zuflusslosen, zweihundert Meter langen und hundert Meter breiten Dachsbergsee ist nur in den oberen zwei Metern klar, danach wird es tiefschwarz. Seine Uferbereiche fallen steil ab. Unterirdisch ist er mit dem Wied- und dem Pfaffenbach verbunden. Weil insbesondere Basaltseen sehr tief sind und dadurch unterschiedliche Wasser-Temperaturen haben, herrscht dort meistens Badeverbot. Hinzu kommen Strudel und Strömungen. Um den Dachsbergsee herum gibt es einen kleinen Trampelpfad, der zu teilweise begehbaren Uferbereichen und Angelplätzen führt. Seine steil abfallenden Klippen werden auch von Klippenspringern genutzt, wie man auf im Internet kursierenden Videos sehen kann. Die jungen Menschen, die hier ihren Mut testen, verkennen die Gefahren. Manche aber wissen auch darum und nutzen den Dachsbergsee bewusst, um ihrem Leben ein Ende zu setzen.

Der Zugang zum See. (Foto: Inga Sprünken)

Die Wasserleiche im Dachsbergsee

Im August 2015 etwa wurde eine Wasserleiche im Dachsbergsee gefunden, vermutlich war es ein solcher Selbstmord. Im Juli 2019 entdeckten Passanten einen leblosen Mann im See. Es gelang ihnen, ihn an Land zu holen, aber es war zu spät. Auch hier soll es sich um einen Suizid gehandelt haben. Der Mann war 72 Jahre alt. Unklar ist indes die Todesursache einer 80-Jährigen. Die war am Abend des 12. Juli 2022 vermisst gemeldet worden. Einen Tag später entdeckten Feuerwehrleute bei der Suche Kleidungsstücke am Ufer des Dachsbergsees. Der wurde daraufhin mit zwei Schlauchbooten und Tauchern abgesucht. Nach etwa anderthalb Stunden fanden Taucher die Leiche der Frau. Ob es ein Selbstmord oder ein Badeunfall war, weiß man nicht. Ein Fremdverschulden konnte jedoch ausgeschlossen werden.

Kleidungsstücke lagen am Ufer des Sees. (Foto: Inga Sprünken)

Interessant ist zudem die Geschichte der Dachsberg-Kapelle, die am Weg zum See steht. Vielfach sind Kapellen und Kirchen an Orten errichtet worden, an denen bestimmte Energien herrschen. Es sind Orte, an denen schon unsere Urväter Kultstätten errichteten. Im Laufe der Christianisierung wurden diese durch Kapellen oder Kirchen ersetzt. Am Dachsberg stand bis zum Jahr 1955 ein Heiligenhäuschen, das der ehemalige Förster Franz Wermers zusammen mit seiner Ehefrau errichtet hatte. Mit dem Bau, der ihnen aber nachts von „bösen Leuten“ auseinandergerissen wurde, hatten sie im Jahr 1809 begonnen. 1841 stellten sie das Heiligenhäuschen auf den Fundamenten von 1809 fertig.

Die Kapelle am Dachsberg. (Foto: Inga Sprünken)

In den 1950er Jahren waren das Dach und das Mauerwerk marode und die Heiligenstätte lag zu nah an der Landesstraße, als dass noch Prozessionen möglich gewesen wären. So sammelten Einwohner der nahegelegenen Orte Orscheid und Wülscheid für den Abriss und Neubau einer Marienverehrungsstätte etwa 15 Meter hinter dem ursprünglichen Standort des Heiligenhäuschens. Die Einweihung fand am 25. September 1955 statt. Seither gibt es an jedem ersten Sonntag im Mai eine Prozession der Aegidienberger Pfarrei zur Dachsberg-Kapelle.

Die Kapelle wird als Marien-Gedenkstätte geführt. (Foto: Inga Sprünken)

Die Toten vom Dornheckensee

Auch der Dornheckensee in Bonn-Beuel war schon oft Schauplatz grausiger Vorfälle. 1993 versenkte eine Frau die Leiche ihres Geliebten im See. Sie hatte den Betrunkenen in ihrer Wohnung in Sankt Augustin erschossen. Nach der Tat flüchtete sie nach Amsterdam und verließ ihre dortige Wohnung acht Jahre lang nur nachts. Nachdem sie ein Kind geboren hatte, wollte sie jedoch zurück nach Deutschland. Allerdings hatte auch ihr Vermieter da schon Lunte gerochen und sie verraten. Sie kam zusammen mit ihrem Sohn in ein Gefängnis in Frankfurt am Main. Die Ermordung ihres Geliebten bezeichnete sie später als Notwehr. Nach einer durchzechten Nacht im November 1993 habe er sie misshandelt. Sie habe ihn nicht töten, sondern nur verletzen wollen. Ein Bekannter habe ihr bei der Beseitigung der Leiche, die von Spaziergängern gefunden wurde, geholfen, sagte sie.

Steil abfallende Uferbereiche am See. (Foto: Inga Sprünken)

Zehn Jahre später entdeckten Spaziergänger unweit des Dornheckensees im Wald oberhalb von Küdinghoven die Leiche eines 28 Jahre alten Mannes. Der türkische Staatsangehörige aus Rostock war erschlagen worden. Was er am Dornheckensee wollte und wie er dorthin kam, blieb unklar. Fest stand nur, dass der Mann an der Stelle, an der er lag, auch ermordet wurde. Ob er einen Bezug zur Homosexuellen-Szene hatte, die sich gerne am Dornheckensee traf, blieb unklar.

40 Meter ragen die Felswände aus dem See empor. (Foto: Inga Sprünken)

Im Jahr 2005 ertrank ein Familienvater im Dornheckensee. Auf dem Rückweg der 150 Meter, die er bis zur 40 Meter hoch ragenden Felswand an der gegenüberliegenden Seite geschwommen war, ging er nur 15 Meter vor dem rettenden Ufer plötzlich unter. Der 40-Jährige hatte noch die Arme in die Höhe gereckt. Zeugen dachten, er wollte seinen am Ufer wartenden Kindern zuwinken. Doch dann war er plötzlich verschwunden. Ob es ein Strudel war, der ihn runtergezogen hatte oder er nicht mehr konnte, blieb ungeklärt. Taucher fanden ihn leblos auf dem Grund. Das Seeufer fällt, wie bei den meisten Basaltseen steil ab. Schon nach fünf Metern ist das Wasser sehr tief.

Steil geht es hinab zum See. (Foto: Inga Sprünken)

Eine Blutspur am Dornheckensee

In 2009 führte eine Blutspur durch das Laub am Dornheckensee. Ein 67-Jähriger war auf der ehemaligen Aussichtsplattform am See Opfer eines brutalen Raubüberfalls geworden. Der Troisdorfer schleppte sich mit mehreren tiefen Einstichen im Oberkörper noch fast zwei Kilometer zum Wander-Parkplatz, wo ein Passant Hilfe holte. Der Täter war im Chevrolet seines Opfers geflüchtet. Der Wagen fand sich später auf dem Parkplatz Pützchens Chaussee, etwa zwei Kilometer entfernt. Im Jahr 2019 gab es den letzten Selbstmordversuch am Dornheckensee.

Am See herrscht ein Badeverbot. (Foto: Inga Sprünken)

Seit 2013 ist der See mit einem Zaun abgesperrt. Während das Badeverbot jahrzehntelang immer wieder missachtet wurde (die Stadt duldete das) und auch die Gay-Szene sich dort regelmäßig traf, sperrte die Stadt Bonn ihn endgültig ab und sprach ein Betretungsverbot auch für den umgebenden Wald aus. Nicht nur die Gefahren durch das über 20 Meter tiefe Wasser waren der Anlass dafür, sondern insbesondere die bröckelnden Felswände ringsherum. Es besteht akute Steinschlaggefahr. Der See liegt in unmittelbarer Nähe der B42, von der er seit den 1980er Jahren durch einen 12 Meter hohen Damm getrennt ist. Der Basaltabbau hier hatte seit dem 19. Jahrhundert stattgefunden und war 1940 beendet worden.

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