Der Spuk auf Burg Windeck

Die Burgruine Windeck. (Foto: Inga Sprünken)

In ihren Mauern sollen Geist umgehen – die über 800 Jahre alte Burg hoch über dem Tal liegend ist das Wahrzeichen von Windeck. Sie liegt etwa auf 210 Meter üNN und bietet bei klarer Sicht einen wunderschönen Blick auf Schladern und die alte Siegschleife. Uralte Geschichten ranken sich um sie. Eine Sage berichtet etwa von in den Ruinenresten vergrabenen Schätzen. Und so machten sich die Bewohner von „Talwindeck“, wie der Ort früher genannt wurde, auf, um danach zu graben. Ein Franziskanermönch des Klosters Marienthal, der versiert war in mystischen Rechenkünsten, sollte die Frage beantworten, ob unter der Ruine tatsächlich ein Schatz vergraben sei. Nach seinen Berechnungen bejahte er dies und konnte sogar die genaue Stelle bezeichnen.

Die alten Gewölbe unter der Burg. (Foto: Inga Sprünken)

Er benannte ein unterirdisches Kellergewölbe, das es heute noch gibt. Von dort könne man in ein zweites und drittes eindringen, wo der Schatz verborgen sei. Und tatsächlich fanden die Schatzgräber Münzen und eine Mundharfe aus Silber. Doch schon der erste Kellerraum war ihnen unheimlich. Schatten huschten über die Wände. Steine schleiften über den Boden, es knarrte und ein eiskalter Hauch zog durch die düsteren Gewölbe. Das machte den Menschen so viel Angst, dass sie schnell das Weite suchten. Doch das nützte ihnen nichts. Alle, die an den Ausgrabungsversuchen teilgenommen hatten, ereilte ein schweres Schicksal in Form von Krankheit, Tod oder den Verlust ihres Hab und Gutes. So verschlossen sie den geheimnisvollen Keller, auf das niemals wieder ein Mensch dort eindringen könne.

Die Geheimnisse der Burg Windeck

Viele Geheimnisse verbergen sich in alten Gemäuern wie der ehemals imposanten Burganlage oberhalb des heutigen Altwindeck. Sie wurde erstmals 1174 als “Castrum novum in windeke” urkundlich erwähnt und diente als Grenzfeste der Grafen von Berg gegen die Grafen von Sayn, nachdem die Grafen von Thüringen ihnen diese zu Lehen gegeben hatten. Die Burg ist der älteste Dynastensitz im Siegtal und war namensgebend für die heutige Gemeinde. Nach dem 1969 entstandenen Gemeindezusammenschluss kam es zu Verwechslungen zwischen der Gemeinde Windeck und dem unterhalb der Burg liegenden Ort, der daraufhin in Altwindeck umgetauft wurde.

Verwinkelte Maueröffnungen im Untergrund der Burg. (Foto: Inga Sprünken)

Schon bald nach der ersten Erwähnung, vermutlich im Jahr 1188, erwarb der Kölner Erzbischof Philipp von Heinsberg die Burg, die er dem Grafen Dietrich von Landsberg zu Lehen gab. Im 13. Jahrhundert blieben die Grafen von Berg im Besitz des Unterlehens, während es um das Obereigentum zu Streitigkeiten zwischen der Gräfin Mechthilde von Sayn, Heinrich von Thüringen und Brabant, dem Grafen von Wildenburg und dem Erzstift Köln kam. 1397 wurde die Burg dem Herzog von Kleve übergeben. Seit ihrer Verpfändung im 15. Jahrhundert an die Herren von Nesselrode wurde sie um- und aufgebaut.

Mit dem 30-jährigen Krieg wurde jedoch das Ende der Burg Windeck eingeläutet. Nach der Belagerung der Hessen nahmen die Schweden sie im Sturm. 1647 wurde sie dem kaiserlichen General von Lamboy übergeben, der 1648 den größten Teil der Ringmauern und die drei großen Türme, von denen heute nur noch eine Hälfte steht, gesprengt. 1655 wurden indes noch einige Nebengebäude als Amts- und Gerichtshaus benutzt. Die Franzosen brannten die gesamte Anlage jedoch 1672 nieder und nutzten die Ruine als Steinbruch.

Nur die Innenmauer des Palas steht noch. (Foto: Inga Sprünken)

Das Schloss auf den Burgresten

1852 erwarb der Landrat des damaligen Kreises Waldbröl, Oscar Danzier, den gesamten Burgberg. Er hatte dessen Schönheit und Einzigartigkeit erkannt und errichtete auf den hinteren Ruinen-Teilen ein Schloss für sich. 200 Jahre nach der Zerstörung der Burg Windeck kam also ein königlich-preußischer Landrat auf die Idee, hier zu bauen. Er wurde zu dieser Zeit gerade als Landrat des damaligen Kreises Mülheim am Rhein berufen. 1855 heiratete er Mathilde Nörrenberg, die Enkelin des verstorbenen Tuchfabrikanten und Ehrenbürgermeisters von Hückeswagen, W.A. Johanny.

In den Jahren 1859/60 errichtete das Ehepaar das Schloss als Landsitz und bewohnte es zusammen mit seinen drei Töchtern an den Wochenenden und in den Ferien. Die Bevölkerung feierte den Neubau als Wiederaufbau der Burg Windeck. Die beim Bau entdeckten Bodenfunde wie Kanonenrohre und Keramikscherben bewahrte die Familie im Erkerzimmer des Schlosses auf. Den östlichen Außengiebel schmückte eine Sandsteinnachbildung des alten Windecker Schöffensiegels aus dem 16. Jahrhundert.

Die Reste der alten Umgebungsmauer der Burg. (Foto: Inga Sprünken)

Am 10. Juli 1879 erlag der Schlossherr im Alter von 59 Jahren auf seinem geliebten Schloss einem Herzinfarkt. Nur wenige Tage später, in der Nacht vom 29. auf den 30. Juli 1881, brannte es bis auf die Außenmauern nieder. Doch es wurde von der Familie wieder aufgebaut und um zwei Türme Richtung Schladern und in den Jahren 1899/1900 auf das Doppelte erweitert. Der nun vierstöckige Bau hatte ohne die mächtigen Rundtürme Abmessungen von zehn mal 22 Metern. Zu der modernen Ausstattung gehörten eine Koks-Zentralheizung, ein Speiseaufzug von der Küche zum darüber liegenden Speisesaal, ein Telefonanschluss und die komplette Elektrifizierung. Die Salons und weiteren Zimmer waren mit Eichenparkett und farbigen Seidentapeten ausgestattet.

Der Schlosshof erhielt eine neue Begrenzungsmauer Richtung Nordwesten und ein neu angelegter breiter Weg führte nordwestlich um den Berg herum bis an den Eingang. Die Parklandschaft rund um das Schloss wurde mit Bruchsteinmauern aus den alten Burgresten, Springbrunnen, Rosen- und Steingärten sowie Sitzplätzen aus Stein im Geiste der Romantik gestaltet. Der unterirdische Gang der alten Burg wurde verschlossen. Die Tochter des Schlossherrn, Arnoldine, und ihr vermögender Ehemann Andrea Caminneci, ein italienischer Bankierssohn, nutzten mit ihren fünf Söhnen das Anwesen als Sommerresidenz.

Imposant war das auf den Ruinen erbaute Schloss. (Foto: Inga Sprünken)

Aufstieg und Verfall von Schloss Windeck

Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges zog die Familie ganz auf das Schloss und engagierte sich in Windeck sozial. Sie unterstützte die Bevölkerung mit Spenden und persönlichem Engagement. Mehrfach war auch Kronprinz Wilhelm während seiner Bonner Studentenzeit hier zu Gast. 1921 erwarben die Caminnecis auch den Besitz des Barons Hugo Clemens von Leonhart, die Burg Dattenfeld, mit ihren verschiedenen Häusern und Höfen. Dorthin zu ihrem Sohn zog Arnoldine im Alter von 83 Jahren nach dem Tod ihres Ehemannes im Alter von 83 Jahren. Das Schloss wurde an zwei Kölner Familien vermietet.

Am 1. April 1945 gab es erneut einen Brand im Ober- und Erdgeschoss des Schlosses, der durch den Beschuss amerikanischer Artillerie ausgelöst wurde. Nach dem Tod Arnoldines kurze Zeit später, versuchte ihr Sohn, das Gebäude mit einem Notdach zu retten. Die ungeklärte Erbfolge und die Wirren der Nachkriegszeit verhinderten jedoch einen Wiederaufbau. 1962 erwarb der damalige Siegkreis die Schloss- und Burgruine zum Preis von 1.200 DM von den Caminneci-Erben. Die Schlossruine wurde zum Abriss freigegeben, während die Burgruine mit dessen Steinen restauriert und gesichert wurde. Heute liegt die Anlage am Mäanderweg und an der achten Etappe des Natursteigs Sieg. Wer hier vorbei kommt, trifft vielleicht auch den verwunschenen Hasen.

Auf den Wiesen um die Burgruine tummelt sich der Hase. (Foto: Inga Sprünken)

Der Geist des Burgvogts

Es war der Burgvogt des Herzogs Adolph I von Berg auf Windeck, Evert von der Thyr, der hier heute spuken soll. Der als Jagdtyrann und Bauernschänder Verschriene jagte am Dreifaltigkeitssonntag in den Fluren von Dattenfeld mit großem Gefolge einen Eber. Sie hetzten das Tier erbarmungslos durch Felder und Anger – ungeachtet eines aufziehenden Gewitters. In der Nähe der Feste traf der Speer den Eber, der sich im Grimme des Todes umdrehte und seine Fangzähne gegen das Ross seines Verfolgers einsetzte. Das Tier bäumte sich in Panik auf, überschlug sich und brach seinem Herrn das Genick. Starr vor Entsetzen scharten sich die Jagdgesellen um die Leiche des Burgvogtes, als jäh ein Blitzstrahl in die Gruppe fuhr. Alle acht Männer fielen tot um. Ihre Leichen wurden auf dem Kirchhof von Dattenfeld begraben, der Burgvogt jedoch auf dem Burgberg.

Die Burg Windeck thront hoch über dem Tal. (Foto: Inga Sprünken)

Dort fand der Gewissenlose im Grabe keine Ruhe. Vom kleinsten Knaben gescheucht, huscht er in der Gestalt eines Hasen noch heute über den Burgberg. Allnächtlich sitzt er mit feurig glühenden Augen auf seiner Grabstätte – zum Graus und Schecken aller Vorbeiziehenden. Die verwunschene Seele wusste nicht, dass der Eber Stärke, Wildheit, Angriffslust symbolisiert. In der christlichen Mythologie war er ein Symbol für das Heidentum, das den Weinberg des Herrn verwüstet. Sagenkönig Artus wurde als “Eber von Cornwall” bezeichnet. Der Nibelungenkämpe Dankward wurde wegen seiner Kühnheit als „eberswin“ bezeichnet und der Titelheld in “Tristan und Isolde” bekam zu seiner Schwertleite einen Schild mit einem Eber als Wappenzeichen verliehen.

Und die Moral von der Geschicht? Einen Eber töte besser nicht.

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