Impfpflicht: drei Tage Gefängnis oder Geldstrafe

Flaggen wehen vor dem Reichstagsgebäude, Außenansicht Westfront.

Gesundheitsminister Karl Lauterbach sowie andere Politiker und Gesundheitsexperten wünschen sich eine Impfpflicht in Deutschland. Das ist nicht ganz neu, denn eine solche gab es schon 1874. Damals ging es um die Pocken. Hervorgerufen durch einen Virus namens Viriola major begann die Erkrankung wie ein Schnupfen. Die Viren breiteten sich über die Schleimhäute im ganzen Körper aus. Die Patienten bekamen Fieber und fühlten sich abgeschlagen. Nach wenigen Tagen entstanden Bläschen und eitrige Pusteln am ganzen Körper. Viele erblindeten, wurden taub oder behielten Hirnschäden zurück. Rund 30 Prozent der Infizierten starben. Wer überlebte, behielt Narben zurück. Die Mortalitätsrate lag im schwereren Krankheitsfall bei etwa 30 Prozent. Prominente wie Amadeus Mozart und Königin Elisabeth I. überlebten die Erkrankung, die über Tröpfchen übertragen wurde.

Österreichischer Husar im deutsch-französischen Krieg.

Kinder von der Polizei zum Arzt geschleppt

In den 1870er-Jahren brachte der deutsch-französische Krieg mit den Kriegsgefangenen nach dem Rückgang der Erkrankung erneut eine Ausbreitung der Pocken ins Deutsche Reich. 150.000 Tote waren die Folge. Als Reichskanzler Otto von Bismarck daraufhin die Impfpflicht durchsetzen wollte, kam es im Reichstag zu heftigen Debatten. Schon damals hatten die Menschen Angst vor Nebenwirkungen und sahen in der Impfpflicht einen Eingriff in ihre Freiheitsrechte. Naturheilkundler warnten, die Immunisierung verhindere die Selbstheilung des Körpers. Immer mehr Vereine wurden gegen die Impfpflicht gegründet. Doch mit dem Argument, der Staat habe die Pflicht, die Freiheit des Einzelnen soweit einzuschränken, als es das Interesse der Gesamtheit verlangt, wurde am 8. April 1874 das Gesetz erlassen. Durchgesetzt wurde es mit Polizeigewalt. Mit drei Tagen Gefängnis oder bis zu 50 Mark Geldstrafe mussten Impfunwillige rechnen. Kinder wurden von der Polizei zum Arzt geschleppt.

Otto von Bismarck führte die Impfpflicht ein.

Entwickelt worden war der Pocken-Impfstoff von dem englischen Landarzt Edward Jenner. Er hatte beobachtet, dass Melkerinnen, die sich mit den ungefährlicheren Kuhpocken infiziert hatten, nicht an den Menschenpocken erkrankten. Er machte 1796 einen Menschen-Versuch an einem neunjährigen Mädchen. Er impfte es mit Kuhpocken und infizierte es anschließend mit Viriola major. Das Kind erkrankte nicht – die Pockenimpfung war erfunden.

77 Säuglinge starben an der Impfung

Auch Diphterie und Tuberkulose waren schwere Erkrankungen, gegen die man – allerdings ohne Impfpflicht – das Heil in der Impfung sah. Robert Koch etwa entdeckte 1882 den bakteriellen Erreger der Tuberkulose und erhielt 1905 den Nobelpreis dafür. Sein 1890 dagegen entwickelter Impfstoff Tuberkulin hielt jedoch nicht, was er versprach. Das Serum war ebenso unwirksam wie das sieben Jahre später von ihm auf den Markt gebrachte. Erst nach seinem Tod im Jahr 1910 entwickelten französische Forscher einen wirksamen Impfstoff, der 1921 auf den Markt kam. 1930 beschloss das Lübecker Gesundheitsamt, alle Säuglinge gegen Tuberkulose zu impfen, 77 überlebten das nicht. Der Grund sollen Verunreinigungen gewesen sein. Die Verantwortlichen mussten sich vor der Großen Strafkammer des Landgerichts wegen fahrlässiger Tötung und Körperverletzung verantworten.

Die Impfstoffentwicklung war aufwendig. (Repro: Inga Sprünken)

Ob es auch „giftige Impfstoffe“ gegen Pest, Typhus, Lungenentzündung und Pocken waren, die nach dem Ersten Weltkrieg 1918/19 zu einer der schwersten Influenza-Pandemie geführt hatten, ist nicht bewiesen, wird aber behauptet. An der Spanischen Grippe starben weltweit rund 50 Millionen Menschen. Die Seuche nahm 1918 in Haskell County im amerikanischen Kansas ihren Anfang. Ihren Namen verdankt sie der Tatsache, dass in Madrid – im Gegensatz zu den USA, wo durch den Ersten Weltkrieg die Berichterstattung noch eingeschränkt war – erstmals darüber berichtet wurde. Im Mai 1918 erkrankte in Spanien jeder dritte Einwohner daran. Ungeimpfte sollen verschont geblieben sein, sagt man. Beweise dafür gibt es nicht. Das Influenza-A-H1N1-Virus soll von einem Schweinegrippe-Virus abgestammt haben, das wiederum einem Vogelgrippenvirus entstammte. Erst 1933 wurde es isoliert, 1945 kam der erste Influenza-Impfstoff auf den Markt.

Lockerungen der Impfpflicht

Zu der nach wie vor geltenden Pocken-Impfpflicht gab es im Dritten Reich erste Lockerungen. Impfgegner waren Heinrich Himmler und Rudolf Heß. Sie galten als Vertreter der neuen deutschen Heilkunde. Doch die Nazis befürchteten schließlich, dass eine Abschaffung der Impfpflicht die Schlagkraft und Wehrfähigkeit der Soldaten schwächen könnte. So wurde die Impfung als Dienst an der Volksgemeinschaft verkauft. Propagandafilme sollten die Menschen nach dem Ersten Weltkrieg wieder von Vorsorgemaßnahmen überzeugen. Doch schon damals wurde von Nebenwirkungen berichtet. In den 1960er Jahren führte jede 30.000. Pocken-Impfung zu schweren Schäden. Die Impfung wurde bei Kleinkindern durchgeführt und nach zehn bis zwölf Jahren wiederholt. In zehn von einer Million Fällen löste sie eine gefährliche Hirnhautentzündung aus.

In den 1960er Jahren wurde jeder gegen Pocken geimpft. (Repro: Inga Sprünken)

Der letzte Mensch, der sich mit Pocken infizierte, war 1977 Ali Maow Maalin aus Somalia. Er überlebte und ging damit in die Medizingeschichte ein. 1979 gab die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Ausrottung der Pocken bekannt. Die von Bismarck eingebrachte Impfpflicht endete nach 102 Jahren per Entscheidung des Deutschen Bundestages am 12. Februar 1976. In der Begründung hieß es, dass das Risiko der Impfung nicht mehr gerechtfertigt sei. Seitdem gibt es keine typischen Oberarmnarben mehr, wie sie noch die Babyboomer hatten. Seit 2001 sind die Gesundheitsbehörden allerdings wieder alarmiert. Die in Russland und den USA im Labor aufgehobenen Restkulturen des Pockenvirus könnten in die Hand von Terroristen gelangen. Daher legten viele Staaten neue Impfreserven an.

Die Angst vor der Schweinegrippe

Alarm gab es auch 2009. Die WHO und der Virologe Christian Drosten warnten vor einer Ausbreitung eines neuen Influenzavirus, das zur weltweiten Epidemie werden könnte. Es gab Impf-Empfehlungen – und auch hier wieder Nebenwirkungen. Menschen mit bestimmten genetischen Veranlagungen konnten nach der Schweinegrippe-Impfung an Narkolepsie erkranken. Diese Schlaf-Wach-Störung trat besonders bei Kindern und Jugendlichen auf. Prominentestes Beispiel für die von der Impfung hervorgerufene Erkrankung ist die Tochter von Till Schweiger.

Fluch oder Segen: der “kleine Pieks” wird gerne verniedlicht. (Foto: Inga Sprünken)

Damals wie heute spielt die Pharmalobby eine wichtige Rolle. Denn die Pharmaindustrie verdient am meisten am Pandemiealarm der Gesundheitsbehörden. Gegen die Schweinegrippe wurden 50 Millionen Ampullen für rund eine Milliarde Euro bestellt. Auch heute verzeichnen die Firmen, die den Impfstoff gegen Sars-Cov-2 im Rekordtempo entwickelten, Milliarden-Umsätze. Doch die viel gepriesenen mRNA-Impfstoffe bieten keinen ausreichenden Schutz gegen die Infektion mit Covid-19. Weder die Übertragung des Virus, noch schwere Krankheitsverläufe und Tod können völlig verhindert werden, sie werden bestenfalls reduziert.

Praktisch: das Covid-19-Impfzertifikat. (Foto: Inga Sprünken)

Die Impfstoffe entstammen der Krebs-Therapie und schleusen den genetischen Bauplan für Erreger-Antigene in die Zellen ein. Nach diesem Bauplan sollen die Zellen dann selbst Antigene herstellen. Allerdings gibt es keine Garantie dafür, dass das Ganze nicht aus dem Ruder läuft, weil es wenig erforscht ist. Manche Wissenschaftler sehen die Gefahr von Langzeitfolgen für das Immunsystem. Im Gegensatz zu den Impfstoffen gegen die Pocken sind sie nicht in der Lage, das Virus auszurotten. Das und bekannt gewordene Nebenwirkungen wie Thrombosen, Herzmuskelentzündungen und neurologische Erkrankungen führen dazu, dass nicht alle Menschen vom Nutzen der Impfung überzeugt sind. Sie bauen auf ihr Immunsystem, wollen frei entscheiden und gehen dafür auf die Straße. Die Regierungen propagieren, mit der Impfung Ältere und Vorerkrankte und insbesondere das angeschlagene Gesundheitssystem schützen zu wollen. Das führt zum Streit darüber, ob sich Menschen für sich selbst oder für andere impfen lassen sollten. Dieser schwelt bereits seit gut 200 Jahren.

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