Ein Burggeist spukt in der “alten Dame”

Die Geheimnisse einer alten Burg. (Foto: Inga Sprünken)

Sie sieht aus wie ein französischer Herrensitz an der Loire, aber sie liegt an der Sieg. Die Rede ist von Burg Dattenfeld in Windeck. Trutzig präsentiert sich der einst rechteckige Kernbau aus dem Jahr 1619, der in der Romantik des 19. Jahrhundert einen Anbau erhielt und mit Türmen und Türmchen versehen wurde. Der Burgherr nennt sie liebevoll „meine alte Dame“ und tatsächlich hat Axel Schönfelder, der das ehrwürdige Gemäuer 2018 kaufte, ein ganz besonderes Verhältnis zu ihr. Das gipfelt in dem Umstand, dass im Zusammenhang mit der Burg im 17. Jahrhundert bereits einen Rittmeister Schönfeld erwähnt wurde – Zufall oder Schicksal?

Axel Schönfelder lüftet die Geheimnisse. (Foto: Inga Sprünken)

Die geheimnisvolle Treppe in der Burg

In jedem Fall ist der Unternehmer aus Sankt Augustin emotional eng mit der Burg verbunden und möchte ihr einen großen Gefallen tun: sie von den modernen Umbauten der vergangenen Jahrzehnte befreien und ihr „ihre Würde zurückgeben“, wie er es nennt. „Alles, was fest ist, kommt in seinen Ur-Zustand zurück“, so Schönfelder, der dazu weder Kosten, noch Mühen scheut – und dabei Spannendes entdeckt. „Im Keller habe ich hinter einer Mauer eine Treppe entdeckt, die aus der Ur-Burg herauskommt“, so der 57-Jährige. Ein Alter von 800 Jahren, jünger als die Ur-Burg, wird für die Treppe vermutet und das wiederum deutet darauf hin, dass das Gemäuer auf einem bestehenden alten Kellergewölbe oder den Resten einer alten Burg errichtet wurde.

Wohin führt diese Treppe? (Foto: Inga Sprünken)

„Das wurde früher oft so gehandhabt“, sagt Schönfelder, der durch zwei Wünschelrutengänger bestätigen ließ, dass es einst auch einen Burggraben um das 6000 Quadratmeter große Burggelände gab. Zudem bestätigten die Radiästethen, dass sich unter der Kernburg ein Kellergewölbe befindet, das aber zugemauert wurde und nun wieder ausgegraben wird. Ein Loch in der Wand unter der alten Holztreppe bildet den Zugang dazu, in den sich Schönfelder schon einen Meter tief durchgegraben hat. Unterstützt wird der Burgherr bei seinen Bemühungen seit Oktober vergangenen Jahres von Peter Simon. Der fest angestellte Restaurator war zuvor für das Heimatmuseum in Alt-Windeck tätig und begleitet nun in der „Alten Dame“ den Rückbau fachmännisch. So grübeln die beiden auch darüber, ob der eckige Turm schon Bestandteil der alten Burg war oder vielleicht sogar noch älter sein könnte.

Der Eingangsbereich der Burg. (Foto: Inga Sprünken)

Was geschah in der Burg in 200 Jahren?

„Die Begebenheiten der Burg sind bis 1649 dokumentiert, danach verliert sich die Spur bis sie in der Zeit 1835 bis 1840 der erste Adelige, Graf Kurtzrock von Wellingsbüttel, erwarb“, erzählt Schönfelder. Denn erbaut wurde die Burg als befestigtes Haus von dem Pfarrer der Dattenfelder Laurentius-Kirche Johann Robens und seinem Bruder Jacob, einem Windecker Gerichtsschreiber. Schönfelder, der sogar noch über die Architektenpläne des Umbaus aus 1840 verfügt, nach denen die Burg eigentlich noch verspielter werden sollte, mutmaßt, dass zuvor auch ein Fachwerkgebäude an ihrer Stelle gestanden haben könnte. Der runde große Turm jedenfalls sei erst um 1900 angebaut worden, so der Burgherr.

Das Esszimmer liegt in der Kernburg. (Foto: Inga Sprünken)

Seltsam ist jedenfalls, dass die Burg einen zweiten Eingang hat. Zudem bemerkte der Unternehmer, dass hinter dem Gäste-WC im Erdgeschoß, etwa 1,50 Meter bis zum Mauerwerk fehlen. Um den Grund dafür aufzuklären, ließ er ein Loch in die Wand hinter der Toilette schneiden und fand dort die einstige Außenmauer. Die identifizierte er als solche durch ein noch vorhandenes vergittertes Fenster. Im Herren-Zimmer, das die Gemeinde Windeck für standesamtliche Trauungen nutzt, stellte sich eine als Bücherregal genutzte Nische ebenfalls als einstiges Fenster heraus. Daneben fand sich ein zugemauerter Kamin.

Hinter diesem Loch befindet sich ein Kamin. (Foto: Inga Sprünken)

Hinter den Wänden der Burg finden sich Türen und Fenster

Hinter mit diversen Tapetenlagen beklebten Rigips-Wänden entdeckten er und Simon weitere alte Kamine, Aborte und Klapptüren. Hinter einer von ihnen kam Vergessenes zum Vorschein: ein alter Emaille-Teller, ein uraltes handgefertigtes Parfümfläschen aus Glas mit Inhalt und eine betagte Farina-Flasche von 4711. Hinter einer Fußleiste fand sich eine Fahrkarte aus der 22. Woche des Jahres 1944, 3. Klasse. Das schönste Fundstück aber wurde von einem der Wünschelrutengänger im Bereich des zugeschütteten Kellergewölbes entdeckt: ein handgefertigter alter Perlmutflakon.

Die Fundstücke. (Foto: Inga Sprünken)

„Es ist wie ein Puzzle“, sagt Schönfelder, dem sorgfältiges Arbeiten wichtiger ist, als schnelles. Darum rechnet er mit einer Rückbauzeit von fünf bis sieben Jahren. Danach möchte er selbst in das zweite Obergeschoss einziehen. Dort hatten die Vor-Eigentümer viele kleine Zimmer eingebaut, deren Trockenbauwände bereits alle wieder entfernt wurden. Das gilt auch für die Holzbohlen, die nun von Teppichkleber und Farbe befreit wieder eingebaut werden. Von hier aus gelangt man nur gebückt durch einen niedrigen Zugang in das oberste Geschoss des runden Turmes, das ebenfalls von seiner Decke befreit wurde. So kann man in das von Simon aufgearbeitete alte Gebälk schauen.

Was geschah hinter dieser Tür? (Foto: Inga Sprünken)

Der Burggeist im ersten Obergeschoss

„Hier könnte ein Lese-Zimmer entstehen oder ein Raum für Yoga“, überlegt der Burgherr, der noch etwas Spannendes zu erzählen hat. „Im zweiten Obergeschoss muss etwas Schreckliches passiert sein“, berichtet er von zwei hellsichtigen Medien, die beide unabhängig voneinander sehr negative Energien wahrnahmen. So hat Schönfelder diesen Bereich nicht nur komplett entkernen, sondern auch energetisch reinigen lassen. Einzig das alte Duschbad mit mehreren Kabinen ist noch in seinem vorherigen Zustand.

Das erste Obergeschoss. (Foto: Inga Sprünken)

Aber die Medien nahmen noch etwas anderes wahr, das der Burgherr selbst bereits vermutet hatte: es gibt einen Burggeist. „Frau Müller hat 1887 als Bedienstete hier gelebt und ist nach ihrem Tod nicht gegangen“, sagt Schönfelder, der ausgerechnet das Zimmer im ersten Obergeschoss bezogen hat, in dem Frau Müller “wohnt”. „Sie verlässt das Zimmer nie, aber sie möchte, dass man anklopft, wenn man hineingeht“, beschreibt er den freundlichen Burggeist, der ihm in seinen Träumen erscheint. Darum kann der Burgherr ihn auch genau beschreiben: „Sie tanzt und lacht gern. Sie ist klein, dicklich mit grauen Haaren und hat den Schalk im Nacken.“ Man müsse allerdings feinfühlig sein, um ihre Anwesenheit wahrzunehmen, so Schönfelder.

Ist der Schatten an der Wand der Burggeist? (Foto: Inga Sprünken)

Die Burg wird in den Urzustand zurückversetzt

Vielleicht hat ja auch der Burggeist seine Hände im Spiel gehabt, als der Unternehmer die Burg kaufte. „Die Burg hat mich gefunden“, erzählt er. Dabei wäre der Kauf beinahe schief gegangen, da es einen Investor gab, der in der „alten Dame“ drei Eigentumswohnungen hatte bauen lassen wollen. Dann wäre es mit der wirklichen Geschichte der Burg Dattenfeld vorbei gewesen und sie hätte keine Seele mehr besessen. Doch das Schicksal wollte es so: die Finanzierung scheiterte und Schönfelder schlug zu – obwohl er anfangs noch gar nicht wusste, was er mit der Burg anfangen sollte. „Ich habe mich erst einmal fünf Stunden mit einer Flasche Wein und einer guten Zigarre vor den großen Kamin gesetzt und überlegt, was nun zu tun sei“, sagt er. Danach war ihm klar, dass er dem alten Gemäuer mit Respekt begegnen will. „Ich würde im Leben nichts tun, was ihr nicht gut tut“, so der Burgherr, der Wohnsitze in St. Augustin, Much und auf Mallorca hat.

Wer weiß, was sich im Brunnen verbirgt? (Foto: Inga Sprünken)

Wenn die behutsame Rückversetzung in ihren Urzustand abgeschlossen ist, möchte er mit dem Geld aus seinen Unternehmen eine Stiftung gründen, die Burg Dattenfeld dann für die Zukunft so erhält. Bis dahin muss jedoch noch einiges gemacht werden. Nicht zuletzt soll der bis auf zwei Meter Tiefe zugeschüttete Brunnen vor dem Eingang wieder freigelegt werden. „Ich bin mal gespannt, was wir dort noch alles finden“, sagt Schönfelder.

Chronologie von Burg Dattenfeld

Erbaut wurde Burg Dattenfeld als rechteckiger Bau vermutlich mit einem angrenzenden Turm in der Zeit des 30-Jährigen Krieges. Als Baujahre ist die Zeit zwischen 1619 und 1629 genannt, Bauherren waren zwei Brüder: Johann Robens war als Pfarrer an St. Laurentius tätig, Jacob Robens als Gerichtsschreiber in Windeck. Von Ersterem stammen umfangreiche Aufzeichnungen aus dem Dreißigjährigen Krieg.

Die Burg birgt viele Geheimnisse. (Foto: Inga Sprünken)

Unterlagen über die Burg gibt es bis zum Jahr 1649, danach verliert sich ihre Spur für die nächsten 200 Jahre bis mit Graf Carl Carl Graf von Kurtzrock (1790–1874) der erste Adelige nach diversen Um- und Anbauten einzog. Durch den Anbau von Türmchen wirkt die Anlage seither wie ein Herrensitz. Die Enkelin des Grafen heiratete Hugo Clemens Alexander Ladislaus Maria von Leonhart (1866 – 1921), der als Herr von Dattenfeld verzeichnet ist. Weitere sind auf der Infotafel am Tor aufgezählt: Familie Caminneci, Freiherr von Canstein, Familie Wernze, Axel Schönfelder. Ständig bewohnt war die 600 Quadratmeter große Burg mit etwa 20 Zimmern zwischen 1840 und 1985. Danach wurde sie zeitweise als Event-Location genutzt.

 

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