Mord im Ausflugslokal in Lohmar
35 Jahre ist der Mord an der Tochter der Betreiberfamilie der Gaststätte Naafshäuschen her. Sie wurde tot im Bett ihrer Wohnung aufgefunden wurde – sie war erwürgt worden. Doch der Fall ist bis heute nicht abgeschlossen, der mutmaßliche Mörder zwar gefasst, aber nicht verurteilt. Jetzt Anfang November stand Detlef M., der bereits 1987 als Verdächtiger gegolten hatte, vor Gericht. Moderne Methoden der DNA-Analyse hatten die Beamten auf die Spur des damaligen Stammkunden der Gaststätte gebracht. Doch wegen eines Fehlers ist er weiterhin auf freiem Fuß.
Der Tod der 23-Jährigen, der damals durch die Presse ging, war nicht nur grauenhaft, sondern überflüssig. Denn der sich ständig in Geldnot befindende Täter hatte es gar nicht auf Claudia O., sondern auf Geld abgesehen. Sie war nur zur falschen Zeit am falschen Ort.
Zur falschen Zeit am falschen Ort
Die junge Frau war erst zwei Wochen zuvor in die seit dem Auszug ihrer Eltern leer stehende Wohnung über dem Ausflugslokal eingezogen. Sie hatte gerade ihre Ausbildung als Hotelkauffrau und -betriebswirtin abgeschlossen und arbeitete im Betrieb der Eltern, den diese im Jahr 1966 übernommen hatten.
Möglicherweise war die junge Frau von Geräuschen geweckt worden. Ob der Einbrecher in ihr Zimmer eingedrungen war oder sie ihn zuvor gestellt hatte, bleibt ein Geheimnis. Jedenfalls erwürgte der Täter die junge Frau nachts in ihrem Schlafzimmer. Als die Mutter am Morgen kurz vor acht Uhr das durchwühlte Büro und den offen stehenden Tresor entdeckte, rief sie nach ihrer Tochter. Als keiner antwortete, ging die Gastwirtin in das Schlafzimmer der Tochter und erlitt einen Schock. Die junge Frau lag tot auf ihrem Bett, neben ihr der Tresorschlüssel.
Mord an einem Mädchen
Mit Hochdruck suchten die Ermittler nach dem Täter. Eine Mordkommission aus 15 Beamten wurde im Kindergarten Neuhonrath eingerichtet. Dort hatten sich die Ermittler bereits im Juni 1984 um den Fall der entführten und getöteten dreijährigen Marlies Magiera aus Honrath gekümmert. Ohne Erfolg. Die Tochter eines Professors, die in unmittelbarer Nachbarschaft des mutmaßlichen Täters gelebt hatte, war am 13. Juni 1984 spurlos verschwunden und später getötet aufgefunden worden.
Interessant dabei: Das Mädchen hatte zuletzt mit einem Sohn der Familie von Detlef M. gespielt und war danach verschwunden. Die Ehefrau des arbeitslosen Betonbauers war daraufhin in Verdacht geraten. Detlef M. selbst, Vater zweier Söhne, saß zu diesem Zeitpunkt wegen Drogenhandels im Gefängnis. Er war wegen Drogen- und Eigentumsdelikten polizei- und justizbekannt und hatte schon des Öfteren hinter Gittern gesessen.
Zu fünf Jahren Haft verurteilt
Anfang der 1980er Jahre schon war zu fünf Jahren Haft wegen Drogenhandels verurteilt worden. Im Kinderbett seines Sohnes hatte die Polizei Heroin im Wert von 140.000 Mark gefunden. Das Verschwinden des kleinen Mädchens konnte seiner Ehefrau indes nicht nachgewiesen werden. Doch die Frau geriet 1985 erneut unter Verdacht. Sie hatte einer Tante gegenüber die Entführung ihres eigenen Sohnes vorgetäuscht, um von ihr 20 000 Mark zu bekommen.
Das Amtsgericht Siegburg hatte sie dafür verurteilt, das Bonner Landgericht sie aber in zweiter Instanz freigesprochen. Der Grund: Die Frau war zu dieser Zeit psychisch schwer gestört, weil die Familie Magiera sie weiterhin des Mordes an ihrer Tochter verdächtigte.
Mord an Großmutter und Enkel
Nach dem Mord an der Gastwirtstochter war der damals 32-Jährige mit seiner Familie ins Sauerland gezogen, wo er kurz zuvor ein Haus gekauft hatte. Woher das Geld dafür stammte, blieb ein Geheimnis, da der Mann arbeitslos war und Spielschulden hatte. Im November 1988 kam es in Arnsberg zu einem weiteren Mord.
Um an Geld zu kommen, spähte der Mann die Unternehmerfamilie Padberg aus und brach bewaffnet und maskiert in deren Haus in Eslohe ein. Dort war die 56-jährige Großmutter mit ihrem 15 Monate alten Enkel Patrick allein, während die Eltern Urlaub machten. Weil die Frau sich ihm in den Weg stellte und ihm die Maske vom Gesicht riss, erwürgte er sie kurzerhand.
Das entführte Baby
Dann entführte er das Baby, um 1,2 Millionen Mark Lösegeld zu erpressen. Während der zehntägigen Erpressungszeit war das Baby aber bereits tot. Der eiskalte Mörder hatte es noch am Tag der Entführung getötet, weil es geschrien hatte. Am 22. November 1988 kamen die Ermittler dem gebürtigen Rheinländer mit Hilfe von Stimmenanalysen auf die Spur.
Er gestand, das Kind sofort nach der Entführung erwürgt zu haben und führte die Ermittler zu der vergrabenen Leiche im Wald. Ende 1989 wurde er wegen zweifachen Mordes mit besonderer Schwere der Schuld zu lebenslanger Haft verurteilt. Seither saß der Mann in Haft, die er zuletzt im Offenen Vollzug mit der Aussicht auf Entlassung auf Bewährung verbrachte. Im Jahr 2020 kam er frei.
35 Jahre nach dem Mord
Mehr als 35 Jahre nach dem Mord an der Gastwirtstochter gab es jedoch eine erneute Prüfung der Tatortspuren mit den modernen Mitteln der DNA-Analyse. Die brachte die Ermittler erneut auf die Spur des heute 66-Jährigen, der am 25. April dieses Jahres verhaftet wurde. Doch Detlef M. hatte Glück. In einer ersten Kammerentscheidung vor wenigen Wochen verkündete der Vorsitzende Richter mit Zustimmung der Staatsanwältin die Aufhebung des Haftbefehls mangels dringenden Tatverdachts.
In einer zweiten Entscheidung im November setzte der Richter das Verfahren auf unbestimmte Zeit aus. Der Grund: die Fasern könnten bei einer kriminaltechnischen Untersuchung Ende der 1980er Jahre kontaminiert worden sein. In einem LKA-Labor war die Schutzfolie, mit der nach dem Auffinden der Leiche Faserspuren gesichert worden waren, an mehreren Stellen eingeritzt worden, um Fasern zu entnehmen.
Mord konnte nicht nachgewiesen werden
Das geschah in direkter Nähe zu Probenmaterial des Verdächtigten. Zudem wurden beide Proben auf demselben Objektträger untersucht. So konnte nicht ausgeschlossen werden, dass DNA des Verdächtigten auf die von der Leiche genommenen Proben gelangt sein könnte. Die Anklage aber hatte sich auf einen Vermerk in den LKA-Akten gestützt, in dem es hieß, dass alle Proben ungeöffnet gewesen seien.
Der Angeklagte zeigte nicht die geringste Gefühlsregung, als er ohne Handschellen aus dem Saal geführt wurde. Eine Hoffnung bleibt jedoch: Die Aussetzung des Verfahrens bedeutet nicht, dass er endgültig aus dem Schneider ist. Statt des dringenden Tatverdachtes geht das Gericht nun von hinreichendem Tatverdacht aus. Darum wurde angeordnet, noch ungeöffnete Leichenfolien auf das Vorhandensein von DNA untersuchen zu lassen. Werden Spuren gefunden, beginnt die Hauptverhandlung gegen Detlef M. wegen des Mordes an der Gastwirtstochter erneut.